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     2401  0 Kommentare Die modernen Alchemisten (1)

    Ich weiß natürlich, warum. Doch das Warum spielt dabei keine Rolle. Auf jeden Fall bekomme ich dann, wenn irgendwo in unserer Finanzwelt eine vermeintliche Katastrophe droht, immer von irgend jemanden eine Mail. Meine Mailbox ist also wirklich katastrophal. Hier sammelt sich das Elend der Welt: vom Zusammenbruch der Staatsschulden bis hin zur Wertlosigkeit unseres gesamten Geldes.

    Natürlich lese ich nicht alles, doch wirklich interessant wird es dann, wenn man merkt, dass zwischen allen Katastrophenansätzen eine gewisse Gemeinsamkeit zu bestehen scheint. Ich habe das jetzt herausgefunden. Ich glaube, dass der Großteil der Katastrophenszenarien in der Finanzwelt auf alchemistischen Vorstellungen beruht. Die Alchemie ist der „Vorläufer“ der heutigen Chemie. Ihre Ziele waren das Finden des Steines der Weisen, die Herstellung lebender Kunstwesen (Homunculus) – sowie: Die Umwandlung unedler Metalle in Gold. Allgemein ausgedrückt, das Umwandeln von chemischen Elementen ineinander (Transmutation).

    Alle diese Ziele sind nicht erreicht worden – und trotzdem spuken diese Dinge (vielfach unbewusst, wie nicht zuletzt der renommierte Schweizer Psychoanalytiker C.G. Jung aufgezeigt hat) weiter durch die Hirne vieler Menschen. Dies entspricht der Beobachtung, dass die Katastrophenszenarien in der Wirtschafts- und Finanzwelt nahezu ausschließlich nicht von Anhängern der Profession (=ausgebildeten Makro-Ökonomen = „Chemikern“), sondern von Nicht-Wissenschaftlern wie Autodidakten und maximal von Betriebswirten (=Vor-Wissenschaftlern, also eben „Alchemisten“) vertreten werden.

    Das klingt natürlich arrogant, doch das ist nicht zu ändern. Es soll auch kein Hohelied auf die Ökonomik oder Volkswirtschaftslehre sein, deren Vertreter sicherlich im überwiegenden Maße Fachidioten und blind gegenüber alternativen Einblicken sind. Doch wer erst einmal gezwungen ist, eine abweichende Meinung vor den Größen der Profession vorzutragen, merkt sehr schnell, wann er einem Wolkenkuckucksheim aufgesessen ist. Ich kann davon leider – oder zum Glück – gleich mehrere Lieder singen.

    Papier – und Webspace erst recht – sind hingegen auch für den größten Unsinn stets geduldige Aufnehmer. Und so haben wir es gegenwärtig aus meiner Sicht mit ein wahrhaften neo-alchemistischen Revolution zu tun, deren konkrete Ausgestaltung ich ihnen am Mittwoch an dieser Stelle erläutern werde.

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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