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     1318  30 Kommentare Chancenlos gegen die Inflation

    Da ist sie also wieder, unsere alte Freundin, die Inflation. Doch es ist leider wie ein ungeliebter Verwandtenbesuch zum Weihnachtsfest, schließlich könnten wir sehr gut auf dieses Wiedersehen verzichten.

    Ich erinnere mich noch gut daran, als wir ab Mitte der 1990er Jahre eine Aktienhausse vergleichbaren Ausmaßes hatten wie jetzt. Damals konnte sich der Dax binnen weniger Jahre verdreifachen und der Neue Markt fast den Himmel erreichen. Viele Anleger jedoch, die ich kannte, haben die Hausse nicht mitgemacht und lieber Gold gekauft, weil sie Angst vor der Inflation hatten.

     

    Damals bin ich mit meiner These regelrecht hausieren gegangen, dass wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten keine Inflation mehr erleben werden.

     

    Habe ich mich damit jetzt geirrt? Fünfundzwanzig Jahre hat meine Theorie immerhin gehalten, das ist auf jeden Fall schon etwas. Und jetzt? Da muss ich um Entschuldigung bitten, denn Corona habe ich damals nicht vorhergesehen, das ist natürlich ein unverzeihlicher Fehler.

     

    Doch Spaß beiseite. Ich habe zu der jetzt über uns hereinbrechenden Inflation drei Thesen: Erstens ist die Inflation nahezu rein coronabedingt, zweitens besitzen wir keine Möglichkeit, etwas dagegen zu tun, und drittens wird die Inflation nach Abklingen der Pandemie wieder verschwinden und wir erneut zum deflationären Szenario zurückkehren.

     

    (1) Woher kommt die Inflation jetzt?

     

    Einerseits haben sich seit dem Jahr 2019 die Frachtraten verzehnfacht und die weltweite Herstellung und der Transport wichtiger Güter funktionieren vor allem durch Quarantänebestimmungen nicht mehr. Dem stehen auf der anderen Seite jedoch gigantische Ausgabenprogramme der großen Industriestaaten gegenüber.

     

    Weniger Angebot und höhere Nachfrage muss natürlich zu steigenden Preise führen. Doch das alles ist nicht marktinduziert, sondern administrativ durch staatlichen Handeln festgelegt, und zwar gleich auf beiden Marktseiten.

     

    (2) Wir haben keine Möglichkeiten, etwas gegen diese Inflation zu tun!

     

    Das Geldmengenargument fällt von vornherein weg. Die Inflation hat nichts mit Geldmengen zu tun, ansonsten hätten wir sie bereits seit zehn Jahren. Daher kann jetzt auch eine Rückführung des Geldmengenwachstums, welches die Banken in gefährliche Schwierigkeiten bringen würden, nicht die Heilung sein.

     

    Und anderweitig die Wirtschaft abwürgen, um die Preissteigerungen zu bremsen? Großer Gott, nur das nicht. Zumal die Fiskalpolitik ja genau das Gegenteil tut und Gas gibt wie nie.

     

    Viele Menschen werden durch die Inflation große wirtschaftliche Einbußen erleiden, das ist schlimm, doch mit zusätzlicher Wirtschaftskrise wäre das alles um ein Vielfaches fataler.

     

    Quintessenz: Wir müssen da durch, genauso wie durch die Pandemie. Wir müssen die Inflation aushalten, danach sieht alles wieder besser aus.

     

    (3) Woher kommt der Optimismus, dass die Inflation von selbst wieder zurückgeht?

     

    Da die Inflation in der Hauptsache durch Eingriffe in den Markt verursacht worden ist, wird sie sich beim Auslaufen dieser Maßnahmen auch wieder zurückbilden.

     

    Viel wird natürlich an den Lohnrunden in der nächsten Zeit hängen, doch selbst bei deutlich höheren Tarifabschlüssen wird das Realeinkommen der Beschäftigten sinken und damit die Nachfrage trotz staatlichem Deficit-Spending abnehmen.

     

    Und wenn dann auch der Arbeitsmarkt nicht mehr durch die Impfregelungen geschwächt ist und die weltweite Konkurrenz erneut der Situation vor der Pandemie entspricht, wird der Druck auf die Löhne und auch auf die Güterpreise stark zunehmen und weitere Preis- und Lohnerhöhungen dadurch vereiteln.

     

    Sobald wir wieder freie Märkte haben, wird die Inflation verschwinden. Der internationale Konkurrenzmechanismus lässt ihr keine Chance. Und die Märkte scheinen ja auch genau das zu antizipieren, ansonsten stünde meine Zeroanleihe des Bundes mit Laufzeit 2050 nicht deutlich über pari.

     

     

    Bernd Niquet

     

    berndniquet@t-online.de

     

     

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    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Chancenlos gegen die Inflation Da müssen wir durch wie durch die Pandemie

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    Kommentare

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    02.03.22 20:51:19
    Hallo Hr. Niquet,

    nein, nicht so richtig, da ich eigentlich nur €-Anleihen kaufe, die > 2% Zinsen bringen. Rumänien haben ich nochmal ordentlich zugekauft am Montag. Ich denke das war eine gute Entscheidung. Ich habe aber gestern und heute eher Aktien eingekauft, z.B. die Deutsche Post.

    Naja, hier schreibt doch nahezu jeder User unter seinem Nickname. Ich melde mich dann mal per Mail, wenn es mal wieder was zu diskutieren gibt. :-)

    Viele Grüße und einen schönen Abend
    Avatar
    02.03.22 05:33:53
    Na Mr.Fake_Name,

    sind Sie dabei bei der großen Bond-Rallye?

    Das ist übrigens meine letzte Nachricht an Sie über diesen Kanal. Wenn Sie mit mir schreiben wollen, worüber ich mich freuen würde, oder dass ich auf Ihre Beiträge antworte, schicken Sie mir bitte eine E-Mail.

    VG

    Bernd Niquet
    Avatar
    24.02.22 11:06:44
    Ich hoffe Ich habe nicht den Eindruck erweckt dass ich russische Anleihen kaufen würde.
    Avatar
    24.02.22 08:42:27
    Die Ukraine-Anleihe, die ich verfolge, ist übrigens gerade gestellt 27,62 Geld / 49,68 Brief.
    Avatar
    24.02.22 08:39:44
    Ja, gut und schön, aber was ist, wenn der Handel mit den Anleihen im Westen dann ausgesetzt wird? Oder Putin entscheidet, die Anleihen nicht mehr zurückzuzahlen? Also da lege ich lieber bei jemandem mit Freunden im Westen an ....;-)) Doch nicht bei den Mindestsummen.

    Die Rumänien-Anleihe gefällt mir aber. Mal sehen, ob der heutige Haussetag Bestand hat.

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