Krieg und Aktienmarkt
Krieg und Aktienmarkt
Ich bin kein Freund von einfachen Börsenweisheiten wie „Politische Börsen haben kurze Beine“ oder „Kaufen, wenn die Kanonen donnern“. Denn in puncto Dauer, Intensität und Folgen geopolitischer Konflikte - gerade auch im aktuellen Fall der Ukraine - bieten sie Anlegern keine konkreten Handlungsanweisungen. Zum Versuch einer Einschätzung der (finanz-)wirtschaftlichen Folgen muss man ans Eingemachte gehen.
Die Dimension des Ukraine-Konflikts
Aus dem Ukraine-Konflikt ist jetzt ein -Krieg geworden, der nicht irgendwo in der Welt, sondern in Europa stattfindet. Und neben sicherheits- kommen wirtschaftspolitische Risiken hinzu. Es geht um Europas Energieversorgung zu tragbaren Preisen.
Zunächst geht man an der Börse nicht von einem großen Krieg unter Einbeziehung der Nato aus. Amerika ist kriegsmüde und will für ein Nicht-Nato-Land nicht die Büchse der Pandora öffnen. Und einige Armeen in Europa entwickeln sich eher zu Wattebällchen-werfenden Blechbüchseneinheiten. Leider hat dies alles das Schicksal der Ukraine besiegelt: Putin will das Land als souveränen Staat ausschalten und eine russenfreundliche Regierung installieren.
Jetzt muss der Westen eine geschlossene Haltung zeigen. Zum Glück heißt der amerikanische Präsident nicht mehr Trump, der in den letzten Tagen zweifelsfrei bewiesen hat, dass er für dieses Amt nicht qualifiziert ist. Ich habe mich selten so diplomatisch ausgedrückt.
Der Westen darf sich vom russischen Bären nicht wie ein vertrottelter Ochse durch die geopolitische Manege führen lassen. Jetzt muss es Breitseiten an Sanktionen geben. Alles andere wäre Appeasement-, Beruhigungspolitik, die in der Vergangenheit bereits anderen „sendungsbewussten“ Autokraten Auftrieb verlieh. Tatsächlich nagt der geopolitische Bedeutungsverlust Russlands seit Zerfall der Sowjetunion 1991 arg am Ego des Machtmenschen Putin, der beim Kreuzworträtsel auf die Frage „Weltmacht mit drei Buchstaben“ ohne Zögern „ICH“ einträgt. Will er sich also als Nationalheld präsentieren, um 2024 die Präsidentschaftswahlen zu gewinnen, die ihm die Macht auf Lebenszeit bis 2036 - wie einem Papst oder dem chinesischen Staatspräsidenten Xi - sichern würde?