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     1848  0 Kommentare So nicht!



    Sicheres Wissen ist immer negatives Wissen

    Selten kann man genau sagen, wie sich die Märkte in der nächsten Zeit entwickeln werden. Die Gründe, die zu einem Kursdebakel führen oder einen Aufschwung initiieren, lassen sich gemeinhin im Voraus niemals klar identifizieren. Positive Erkenntnisse sind an den Märkten also selten zu finden.

    Was man hingegen mit großer Sicherheit machen kann, ist, falsche Argumentationen auszuscheiden. Ein positives Wissen über die Märkte ist also schwer zu erlangen – ein negatives hingegen vergleichsweise einfach.

    Ein Autor der Goldapologeten schreibt beispielsweise in der vergangenen Woche, wie lange und ausführlich er sich mit dem Thema der internationalen Finanzen befasst habe und kommt anschließend zu folgendem Krisenszenario:

    „Wenn die anderen Länder nicht die aus ihren Exporten von den USA erhaltenen Dollars "repatriieren" d.h. wieder in den USA - also vorwiegend in Aktien, Treasuries und anderen Anleihen investieren, dann fehlt den USA die Liquidität, um ihre Verbindlichkeiten zu begleichen.“

    Diese Sichtweise ist jedoch vollkommen irrig. Niemand kann sagen, wie viele Dollars in den USA zirkulieren und wie viele offshore gehalten werden. Und es ist auch nicht wichtig. Im Geld gibt es keine Mengenrationierung. Die USA werden niemals an einem Mangel an Liquidität scheitern.

    Alle Orientierung an Mengeneffekten führt ausnahmslos in die Irre. Schließlich leben wir in einer kapitalistischen Geldwirtschaft und nicht im Sozialismus. Der Sozialismus wird durch Mengenrationierungen gesteuert, eine Geldwirtschaft hingegen durch Preissignale.

    Zunehmende Defizite der USA bewirken einen Angebotsüberschuss des Dollars, der dessen Preis senkt. Dadurch entschulden sich die USA, und die Gläubiger erleiden Vermögenseinbußen. Diesen Bewertungseffekten aufgrund von Preisveränderungen kann zwar der Einzelne entgehen, die Gesamtheit der Dollarhalter jedoch nicht. Sie muss es in jedem Fall ertragen. Und damit noch nicht genug: Umso entschiedener sie versucht, dieser Situation zu entfliehen, umso gravierender wird sie für sie.

    Doch das sind alles Preiseffekte, die in veränderten Vermögensbewertungen resultieren. Mit Mengen hat das alles nichts zu tun. Wenn die USA Schwierigkeiten bekommen, dann nicht aufgrund fehlender Mengen ihrer Währung, sondern aufgrund gefallener Preise und Werte eben dieser.

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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