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     3196  0 Kommentare Vorschau 2009 – der fundamentale Rahmen - Seite 3



    Eine deflationäre Spirale legt die Grundlage für eine Liquiditätsfalle (vgl. Artikel „Glauben Sie an den Weihnachtsmann?“ vom 18. Dez 2008, auch „Aktien-Inflation in Deflation“ vom 28. Nov 2008). Investitions- oder Liquiditätsfalle? Im aktuellen Kontext sind sie zwei Seiten einer Medaille: Es wird nicht investiert (weil es sich nicht "lohnt“), aber Liquidität ist (ausreichend) vorhanden. Da sie nicht in Investitionen fließt, geht sie in Erwartung einer (höheren) Rendite in die Spekulation. Da die Risikoaversion aktuell hoch ist, flossen Mittel der Spekulationskasse zuletzt in Staatsanleihen. Dadurch sind z.B. TBonds jetzt aufgeblasen bis zur Unkenntlichkeit. Die 13-wöchigen TBills lassen sich gut als Proxy für die Spekulationskasse ansehen, also für die Mittel, die noch auf (spekulative) Anlage warten. Deren Rendite tendiert nahe Null, was bedeutet, dass die "Investoren" dem Staat enorme Mittel zur Aufbewahrung geben, ohne hierfür eine Rendite zu beanspruchen. Dies belegt einerseits die große Risikoscheu, zeigt aber gleichzeitig das Potenzial, das auf Einsatz wartet.

    So lange die Rezession noch nicht voll entwickelt ist und so lange die Gefahr einer Depression akut bleibt, dürfte die private Investitionstätigkeit äußerst gering bleiben. Diejenigen, die über eine (prall gefüllte) Spekulationskasse verfügen, suchen nach Anlage, werden in diesem Kontext aber keine langfristig aussichtsreiche finden. Also werden sie die Mittel immer nur kurzfristig mal hier hin, mal dort hin schieben. Im statistischen Mittel werden sie sich dabei die Finger verbrennen, denn die fundamentalen Umstände lassen "Long"-Spekulationen auf sich verbessernde Zustände so schnell nicht rentierlich werden. Damit wird ein Teil der reichlichen Liquidität "verbrannt". Die Inhaber der Spekulationskasse werden zunehmend unsicherer, die Tendenz zu Cash-Haltung nimmt stetig zu. Die die Deflation kennzeichnende Cash-Präferenz prägt sich weiter aus.

    Die Bedingungen für eine schnelle Bereinigung der Krise und einen schnellen realwirtschaftlichen Aufschwung sind schlecht. Mit der nach 2000 in ihr exponentielles Stadium eingetretene Globalisierung geht die zunehmende (zumindest relative) Verarmung breiter Bevölkerungsteile in den Industrieländern einher. In den USA konnte dies noch eine zeitlang durch den aus der Immobilienblase herrührenden Wohlstandseffekt kompensiert werden (aber nur zum Preis einer nun besonders rasanten Entwicklung in die Gegenrichtung). In der EU wurde die Osterweiterung gezielt genutzt, um die Reallöhne zu drücken. Jetzt reibt man sich verwundert die Augen, dass z.B. Hartz-IV-Empfänger keine neuen Autos kaufen. Die durch Reallohndrückerei und anstehende Massenentlassungen schrumpfende Kaufkraft in den Industrieländern lässt riesige Kapazitäten in den Emerging Markets brach liegen. Diese Länder steuern mit (Kredit-finanzierten) Subventionsprogrammen gegen, deren Anteil am BIP weltweit auf Rekord-Niveau liegt. Das führt zu Aufwertungstendenzen der entsprechenden Währungen und behindert deren Exporte zusätzlich zur nachlassenden Nachfrage aus den Industrieländern.
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    Klaus Singer
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    Verfasst von Klaus Singer
    Vorschau 2009 – der fundamentale Rahmen - Seite 3 Was kann man für 2009, auf jeden Fall aber in den ersten sechs Monaten des kommenden Jahres real- und finanzwirtschaftlich erwarten? Bevor ich auf die einzelnen Segmente, Aktien, Anleihen, Rohstoffe und Währungen, eingehe, soll im folgenden der …