Worum es in Wirklichkeit geht
Es geht um die Vereinigten Staaten von Europa
Eigentlich wollte ich Ihnen ja heute mein neues Buch vorstellen, doch die aktuellen Ereignisse erfordern eine Verschiebung auf nächste Woche. (Was auch ganz gut passt, denn einen Riesen wie Amazon zum Laufen zu bringen, ist schon wahrlich eine Ameisenaufgabe.)
Die Griechenland-Krise war heftig, scheint jetzt jedoch ihren Zenit überschritten zu haben. Ich muss zugeben, selbst mit einer derartigen Verschärfung nicht gerechnet zu haben. Sehr verwundert bin ich, dass in den meisten Berichten und Kommentaren aus meiner Sicht der Kern des Ganzen, worum es in Wirklichkeit geht, nicht einmal gestreift wird.
Natürlich geht es nicht, dass die Bundesrepublik ein Land, das sich verwirtschaftet, mit Steuermitteln stützt. Ebenso wenig geht es jedoch, in diesem Fall rein ökonomisch zu argumentieren. Es geht hier nämlich keinesfalls um einzelne Länder. Und es geht auch nicht um den Euro. Für mich geht es um viel größere Einheiten: Es geht um die Vereinigten Staaten von Europa und um die finanzielle Weltherrschaft.
Griechenland hat weit über seine Verhältnisse gelebt. Doch faktisch pleite ist das Land nicht deshalb, weil es schlecht gewirtschaftet hat, sondern weil die Finanzmärkte seine Refinanzierungen unmöglich gemacht haben.
Besäßen die USA mit dem Dollar nicht die Leitwährung, kämen sie dem Schicksal Griechenlands verflucht nahe.
Hier erkennt man plötzlich ein interessantes Muster. Anglo-amerikanische Spekulanten schießen Hand in Hand mit mächtigen amerikanischen Ratingagenturen auf die Schwachstellen des Euro. Das ist, da sage man, was man wolle, ein Insidergeschäft, und bringt nicht nur guten Profit, sondern auch strategische Vorteile für die Verlierer der Leitwährungsfunktion von gestern und für die von morgen.
Für Europa kann diese Krise ein heilsamer Schock werden. Denn plötzlich wird klar:
(1) Die gegenwärtige institutionelle Ausgestaltung des Finanzsystems ist unhaltbar und bedarf dringender Veränderung. US-Unternehmen dürfen nicht die Deutungshoheit über die Bonität ihrer Konkurrenten besitzen.
(2) Wir benötigen einen Mechanismus, der bewirkt, ausufernde Staatshaushalte im Euro-Raum durch Zwangsmaßnahmen wieder in den Rahmen zu bringen. Denn weder die Alimentierung noch der Ausschluss der Sünder stellen letztlich gangbare Wege dar.
Sollte es uns gelingen, diese beiden Punkte zu realisieren, bin ich durchaus zuversichtlich, dass der Schwarze Peter in der nächsten Staatskrise durchaus nicht mehr in Europa liegt.
(Ob uns das dann freilich sehr viel helfen wird, steht auf einem anderen Blatt.)