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     2184  0 Kommentare Worum es in Wirklichkeit geht



    Es geht um die Vereinigten Staaten von Europa

    Eigentlich wollte ich Ihnen ja heute mein neues Buch vorstellen, doch die aktuellen Ereignisse erfordern eine Verschiebung auf nächste Woche. (Was auch ganz gut passt, denn einen Riesen wie Amazon zum Laufen zu bringen, ist schon wahrlich eine Ameisenaufgabe.)

    Die Griechenland-Krise war heftig, scheint jetzt jedoch ihren Zenit überschritten zu haben. Ich muss zugeben, selbst mit einer derartigen Verschärfung nicht gerechnet zu haben. Sehr verwundert bin ich, dass in den meisten Berichten und Kommentaren aus meiner Sicht der Kern des Ganzen, worum es in Wirklichkeit geht, nicht einmal gestreift wird.

    Natürlich geht es nicht, dass die Bundesrepublik ein Land, das sich verwirtschaftet, mit Steuermitteln stützt. Ebenso wenig geht es jedoch, in diesem Fall rein ökonomisch zu argumentieren. Es geht hier nämlich keinesfalls um einzelne Länder. Und es geht auch nicht um den Euro. Für mich geht es um viel größere Einheiten: Es geht um die Vereinigten Staaten von Europa und um die finanzielle Weltherrschaft.

    Griechenland hat weit über seine Verhältnisse gelebt. Doch faktisch pleite ist das Land nicht deshalb, weil es schlecht gewirtschaftet hat, sondern weil die Finanzmärkte seine Refinanzierungen unmöglich gemacht haben.

    Besäßen die USA mit dem Dollar nicht die Leitwährung, kämen sie dem Schicksal Griechenlands verflucht nahe.

    Hier erkennt man plötzlich ein interessantes Muster. Anglo-amerikanische Spekulanten schießen Hand in Hand mit mächtigen amerikanischen Ratingagenturen auf die Schwachstellen des Euro. Das ist, da sage man, was man wolle, ein Insidergeschäft, und bringt nicht nur guten Profit, sondern auch strategische Vorteile für die Verlierer der Leitwährungsfunktion von gestern und für die von morgen.

    Für Europa kann diese Krise ein heilsamer Schock werden. Denn plötzlich wird klar:

    (1) Die gegenwärtige institutionelle Ausgestaltung des Finanzsystems ist unhaltbar und bedarf dringender Veränderung. US-Unternehmen dürfen nicht die Deutungshoheit über die Bonität ihrer Konkurrenten besitzen.

    (2) Wir benötigen einen Mechanismus, der bewirkt, ausufernde Staatshaushalte im Euro-Raum durch Zwangsmaßnahmen wieder in den Rahmen zu bringen. Denn weder die Alimentierung noch der Ausschluss der Sünder stellen letztlich gangbare Wege dar.

    Sollte es uns gelingen, diese beiden Punkte zu realisieren, bin ich durchaus zuversichtlich, dass der Schwarze Peter in der nächsten Staatskrise durchaus nicht mehr in Europa liegt.

    (Ob uns das dann freilich sehr viel helfen wird, steht auf einem anderen Blatt.)

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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