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     2623  0 Kommentare Fiskalpakt – neoliberale Neuauflage - Seite 3



    (2) Der Neoliberalismus schaut auch inhaltlich hinter dem Fiskalpakt hervor, indem versucht wird, die Rolle des Staates zurückzudrängen. Das ist nicht prinzipiell schlecht, die Frage ist nur, wie sie neu definiert wird.

    Der Fiskalpakt wird so lange scheitern, so lange der private Sektor nicht wieder zu investieren beginnt. Warum sollte er das aber tun, wo der Kern der Regeln des Fiskalpakts mit der prozyklischen Rückführung der Staatsverschuldung zu einer Depressionsspirale führt?

    Außerdem: Wie das gescheiterte Experiment der Planwirtschaften im „Osten“ zeigt, lassen sich solch komplexe Systeme wie Volkswirtschaften nicht durch zentrale Regeln und Pläne steuern, sondern nur durch weitgehende Selbstorganisation. Volkswirtschaften sind kein stationäres System, sie sind inhärent instabil (wie alle sozialen Systeme). Dann können schon geringe Änderungen der Rahmenbedingungen zu großen Ausschlägen bei den Resultaten führen. Demzufolge versagen einfache, automatische Regelwerke auf Dauer, wie auch der Versuch einer zentralen Steuerung.

    Zwei Zusatzbemerkungen:

    (1) Die Regeln, das sich die Eurozone mit dem Fiskalpakt gibt, ist nur vordergründig fest. In Wirklichkeit ist hinter Fachbegriffen, die die Öffentlichkeit nicht versteht (und wahrscheinlich auch viele Politiker niicht, die dies beschließen), eine Beliebigkeit versteckt, die es denjenigen, die an den Schaltstellen sitzen, erlaubt, bestimmte als Sachzwang verkaufte wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ziele durchzusetzen.

    (2) Der Fiskalpakt ist mit der Idee der Gleichheit und dem Recht auf demokratische Beteiligung an kollektiven Entscheidungen nicht zu vereinbaren. Haushaltspolitische Kompetenzen werden auf zwischenstaatliche Einrichtungen verlagert, das lässt Beteiligung und Einfluss der Bürger nicht zu. Er ist in dieser Form verfassungswidrig. Das gilt in gleicher Weise für den ESM.

    (3) Der Fiskalpakt ist auf (nahezu) ewig angelegt – er kann nur mit Zustimmung aller Mitglieder geändert werden. Das untermauert noch die Abkehr von demokratischen Prinzipien, dem demokratischen “Souverän” wird es praktisch unmöglich gemacht, diese Entscheidung zu revidieren.

    Für die Finanzindustrie ist der Fiskalpakt aus folgenden Gründen „reizvoll“: Er destabilisiert die Eurozone insgesamt – eine ideale Bedingung für die zunehmende Abhängigkeit der Politik von der Finanzindustrie. Zum anderen reicht es aufgrund der Ausschaltung demokratischer Institutionen, wenige “richtige” Leute an den richtigen Stellen zu haben, um den eigenen Einfluss immer weiter auszubauen. Und drittens: Der Fiskalpakt mit seinen „Regeln“ gaukelt Objektivität vor, die über jeden Zweifel erhaben scheint. Wer traut sich da, das von „Experten“ geschaffene System anzuzweifeln?

    Der Fiskalpakt ist damit ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der Entdemokratisierung der Eurozone/EU hin zu einem weiteren Ausbau des Einflusses der Finanzindustrie.

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    Kontakt: info@timepatternanalysis.de
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    Klaus Singer
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    Fiskalpakt – neoliberale Neuauflage - Seite 3 Den Fiskalpakt kann man von verschiedenen Richtungen aus angehen – die Kritik hieran läuft immer darauf hinaus, dass demokratische Strukturen vernichtet und der Einfluss der Finanzindustrie auf die Politik ausgebaut wird. Mein Ansatzpunkt hier …