Es fließt kein Geld in den Aktienmarkt
ehr verehrte Leserinnen und Leser,
Trotz einiger Irritationen, z.B. durch das Fed-Protokoll und die Wahlen in Italien halten sich die Märkte erstaunlich stabil. Das steigert die Chancen auf eine Rallyfortsetzung.
Was geschieht mit dem Geld „an der Seitenlinie“?
Und nach wie vor sind viele Anleger unterinvestiert. Dieses Geld, das also „an der Seitenlinie steht“, wie gern gesagt wird, solle nach landläufigen Vorstellung „in den Aktienmarkt“ fließen und dort zu Kurssteigerungen führen. Folgt man dieser Vorstellung, dann wäre demnach zu einem späteren Zeitpunkt weniger Cash „an der Seitenlinie“. Aber ist dem wirklich so?
Leider nicht, denn dieses Bild gehört in die Kategorie der Börsenmythen, die Anleger mitunter auf eine falsche Fährte führen. Um das zu verstehen, schauen wir uns an, was geschieht, wenn wir Aktien kaufen.
Zunächst benötigen wir dazu freies Kapital. Dieses liegt auf unserem Konto, also „an der Seitenlinie“. Nun ordern wir bei unserem Broker z.B. 100 Aktien zu je 100 €. Folglich fließen 10.000 € von unserem Konto, also „von der Seitenlinie“, „in den Aktienmarkt“. Das Bild scheint zu stimmen. Es ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Denn während unser Geld tatsächlich in den Aktienmarkt fließt, steht auf der anderen Seite jemand, der uns diese 100 Aktien zu 100 € verkauft hat und dieses Geld nun auf seinem Konto lagert. Damit ist also gleichzeitig das Geld wieder aus dem Aktienmarkt geflossen und steht wieder an der Seitenlinie, wenn auch an einer anderen Stelle.
Aktientransaktionen sind ein Nullsummenspiel
Daran ändert sich auch nichts, wenn dieser Verkäufer das Geld wieder investiert, denn dann beginnt dieses Spiel von vorn. Für den Aktienmarkt und die Liquidität an der Seitenlinie ändert sich per Saldo nichts. Es ist ein Nullsummenspiel. Geld fließt daher im Normalfall weder in den Aktienmarkt hinein noch hinaus (außer bei der Ausgabe neuer oder dem Einziehen alter Aktien).
Dennoch nehmen wir mitunter Geldzu- oder -abflüsse als Indikator für einen steigenden oder fallen Aktienmarkt, z.B. das (jährliche oder monatliche) Mittelaufkommen von Investmentfonds. Dieses folgt durchaus dem übergeordneten Trend an den Märkten (siehe Chart). Dennoch bleibt auch hierbei das eben beschriebene Nullsummenspiel unverändert, denn es ist ja völlig gleichgültig, ob ein Fonds oder ein einzelner Anleger Aktien kauft bzw. verkauft.