Deflation
Starker Euro und Deflations-Angst: Quo vadis, Europa?
Die Angst vor einer Deflation im Euroraum wird immer konkreter. Besonders der starke Euro ruft Pessimisten und Skeptiker auf den Plan. Bislang blieb die Europäische Zentralbank (EZB) trotz anderer Forderungen ruhig. Doch wie lange kann das noch gut gehen?
Sinkende Löhne und Preise generieren eine sinkende Nachfrage. Dies spiegelt sich in weiter sinkenden Löhnen und abnehmenden Preisniveau wider. Dies könnte eine Abwärtsspirale in den Gang setzen,
die in einer Deflation endet. Dieses Szenario befürchten immer mehr Experten für den Gesamt-Euroraum. Grund sind zum Einen die nicht in Fahrt kommenden Wirtschaften in den Peripherieländern der
Eurozone. Grund ist aber auch ein Euro, der nach Meinung vieler zu stark für den Großteil der europäischen Wirtschaft ist. Aktuell liegt der Euro bei gut 1,37 Dollar. Damit ist er zwar noch
deutlich unter dem 5-Jahres-Hoch von gut 1,57 Dollar im Jahr 2008. Doch haben Ökonomen berechnet, dass er zehn bis 15 Prozent zu hoch für die Kaufkraft der Mitglieder im Euroraum ist, berichtet die
„Welt“.
„Die EZB wird zunehmend nervös, was die Stärke des Euro anbelangt“, zitiert die „Welt“ Sébastian Galy, Währungsstratege bei der Société Générale. Er sehe die EZB in Alarmbereitschaft. Über die
Frage, ob der Euro überbewertet ist, wird kaum noch gestritten. Lediglich das Ausmaß der Überbewertung ist fraglich. Die Deutsche Bank hat dem Bericht zufolge berechnet, dass der Euro lediglich
einen Wert von 1,18 Dollar haben dürfte. Dieser starke Euro ist zwar schön für Reisende, doch unangenehm für die europäische Wirtschaft, da er Exporte extrem erschwert und so verhindert, dass die
Konjunktur in Fahrt kommt. Außerdem verbilligt der starke Euro die Importe. Das wiederum senkt Preise im Inland und verschärft die Abwärtsspirale.
Euro-Dollar Wechselkurs im 1-Jahres-Chart:
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Doch was könnte helfen in einer solchen Situation? Eine Abwertung des Euro auf sein tatsächliches Niveau erwarten selbst die Währungsstrategen der Deutschen Bank so schnell nicht, schreibt die
„Welt“. Warum? Die EZB schaue tatenlos zu, heißt es. Und dann bringt der Deutsche-Bank-Stratege George Saravelos laut „Welt“ wieder etwas ins Gespräch, was seinerseits die Alarmglocken der Sparer
schrillen lässt: „Negative Zinsen wären das beste Mittel gegen die Euro-Stärke.“ Dass die EZB vehement zum Handeln aufgefordert wird, ist nichts Neues mehr. Bereits Anfang des Monats hatte Joachim
Feis, Chefökonom bei Morgan Stanley, negative Zinsen nicht mehr ausgeschlossen (wallstreet:online
berichtete). Andere Ökonomen, wie Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) forderten, die EZB solle hunderte Milliarden aufwenden, um die Märkte in Gang zu bringen.
Laut „Wall Street Journal Deutschland“ räumte jetzt selbst einer Gefahren
wegen Deflation und Euro-Kurs ein, der diesbezüglich eher als Hardliner bekannt ist: Jens Weidmann, EZB-Ratsmitglied, sagte: „Um den Folgen einer starken Euro-Aufwertung für den Inflationsausblick
entgegenzuwirken, wären negative Zinsen angemessener als andere Maßnahmen." Zur Erinnerung: Weidmann war das einzige EZB-Ratsmitglied, das im letzten Jahr gegen den Beschluss der EZB votierte, im
Fall der Fälle unbegrenzt Staatsanleihen der Mitgliedsländer zu kaufen.