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    Deutschland 2014: Auf dem Höhepunkt – vor dem Abstieg

    Während sich die Machtelite in der Normandie trifft und so dem Sieg der Alliierten über Deutschland gedenkt, wird spätestens seit dem Jahr 2014 klar, dass Deutschland faktisch den 2.Weltkrieg gewonnen hat – das Land ist derzeit auf dem Höhepunkt von Macht und Einfluss.

    Das ist, wenn man so will, die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist: so wird es wahrscheinlich nicht bleiben!

    Von Markus Fugmann, www.finanzmarktwelt.de

     

    Deutschland profitiert derzeit von einer extrem günstigen Situation: die Schwäche der beiden anderen europäischen Mächte, das stagnierende Frankreich und weitgehend orientierungslose Großbritannien, drängt Deutschland schon aufgrund seiner derzeitigen Wirtschaftskraft automatisch in den Vordergrund. Es ist gewissermaßen die Führungsmacht des „2.Westens“ (also Europas) und damit der entscheidende Verhandlungspartner für den „1.Westen“, also die USA. Daß Deutschland als Führungsmacht des 2.Westens kaum Ressentiments hervorruft, hat wiederum mit Kanzlerin Merkel und ihrer praktizierten „soft power“ zu tun. Großmachtstreben ist einer Merkel schon optisch weniger zu unterstellen als etwa dem pfälzischen Grobian Kohl.

    Das Problem aber ist, dass die derzeitige Position Deutschlands sich mittelfristig mit allergrößter Wahrscheinlichkeit verschlechtern wird, wenn sich die demographischen Trends weiter fortsetzen. Schon in der Mitte des Jahrhunderts dürfte die Einwohnerzahl Deutschlands etwa auf dem Niveau Frankreichs sein, das – im Gegensatz zu Deutschland – seine Bevölkerungszahl ziemlich konstant hält. Verliert Deutschland 20% seiner Bevölkerung, wird sich seine Wirtschaftskraft verringern, und damit auch seine politische Macht.

    Es wird ja meist völlig ausgeblendet, dass politische Entwicklungen viel mit Demographie zu tun haben. Fast alle politisch besonders instabilen Länder – so zum Beispiel Pakistan – haben innerhalb weniger Jahre ein drastisches Bevölkerungswachstum erlebt, ohne dass die Wirtschaftskraft mit gleicher Relation mitgewachsen wäre. Die Folge: viele junge Menschen, vor allem junge Männer haben, faktisch keine Chance auf einen anerkannten, wirtschaftlich befriedigenden Platz in der Gesellschaft – was ihre Neigung zu revolutionären Umtrieben deutlich erhöht. Diese jungen Männer können durch einen Umsturz nur profitieren, suchen sich für ihren Wunsch nach Veränderung und Anerkennung eine Ideologie (etwa den Islamismus) und halten so die politischen Strukturen eines Landes unter Dampf. Es entsteht also eine Dynamik und Instabilität, die sich häufig in außenpolitischer Aggression entlädt – schon um nach innen Druck abzulassen.

    Deutschland, das allgemein als Hauptverantwortlicher für den Ausbruch des 1.Weltkriegs gilt (angelsächsische Autoren relativieren diese These derzeit) – hat zwischen 1872 und 1906 ein Bevölkerungswachstum von über 50% erlebt (von 41.Millionen auf 62.000 Millionen). Schon dieses Wachstum machte das machtpolitisch spät geeinigte Deutschland latent aggressiv, zusätzlich standen viele junge Männer – die in den verkrusteten Strukturen der Kaiserzeit kaum Aufstiegschancen hatten – zur Verfügung, die auf dem Altar der Vaterlandsliebe verheizt werden konnten. Nicht zufällig herrschte in der deutschen Bevölkerung bei Ausbruch des 1.Weltkriegs daher durchaus Begeisterung – anders als etwa bei Ausbruch des 2.Weltkriegs. Deutschland war bereits 1939 demographisch in Richtung Schrumpfung unterwegs, es gab faktisch keinen Überschuss unversorgter Söhne. Dass Deutschland unter den Nazis den 2.Weltkrieg verursacht hat, war vorwiegend ein Reflex auf die unverstandene, traumatische Niederlage aus dem 1.Weltkrieg (mit deutschen Soldaten tief in Frankreich zum Zeitpunkt der Kapitulation).

    Heute dagegen steht Deutschland praktisch als Gewinner der Finanzkrise da. Sein Geschäftsmodell hat sich als nachhaltig erwiesen, durch die umstrittenen Reformen unter Schröder bekam das Land einen Dynamik-Schub, von dem wir heute profitieren – und ausruhen. Alle Umfragen deuten darauf hin, dass die Deutschen zufrieden sind – es ist eine Gesellschaft, die es sich im derzeitigen Wohlstand gemütlich gemacht hat. Man wählt faktisch das „Weiter so“ der Kanzlerin und entscheidet sich damit für die Verwaltung des Ist-Zustands, statt jetzt die Weichen für die Zukunft zu stellen. Denn Deutschland steht vor Risiken, denen mit der aktuellen Selbstzufriedenheit nicht begegnet werden kann:

    1. Der Abstieg Chinas, dessen Wirtschaftsmodell extrem kreditgehebelt und daher nicht von Bestand sein wird. Für das Export-fixierte Deutschland aber ist ein erfolgreiches China von zentraler Bedeutung
    2. Die Erholung der Euro-Zone ist nicht nachhaltig, da durch billiges Geld der Notenbanken erkauft, das überwiegend den Banken, nicht aber der Realwirtschaft zugute kommt. Endet die Illusion, dass die Krise beendet sei, kommt ein gewaltiger Haftungsberg auf Deutschland zu
    3. Das derzeitige Steuermodell privilegiert vorwiegend die Reichen und schädigt durch die kalte Progression die Mittelschicht, sodass der Binnenkonsum, trotz aller Unkenrufe, nicht in Gang kommt. Folge ist ein verstärktes Auseinanderdriften der Gesellschaft
    4. Die schlechten demographischen Aussichten werden ignoriert. Stattdessen müsste Deutschland einerseits massiv in neue Kitaplätze investieren (mit mittelfristig nachweislich positiven Auswirkungen auf die Geburtenrate), andererseits eine moderne Einwanderungspolitik betreiben, die das alte Blut-und-Boden-Dogma (Deutscher ist nur, wer deutscher Abstammung ist) endlich überwindet. Ziel müßte sein, speziell in Krisenregionen (Syrien etc.) gezielt jene einwanderungswilligen Gruppen anzusprechen, die gebildet sind und daher in Deutschland größere Erfolgschancen hätten

    Die Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Politik diese Aufgaben konsequent angeht, tendiert gegen Null. Es wird wohl auch diesmal eine große Krise brauchen, um umzudenken. Mit Mutti, dem kleinsten gemeinsamen Nenner des deutschen Wohlbefindens, wird das nicht zu machen sein.




    Markus Fugmann
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    Markus Fugmann ist Chefanalyst der actior AG und Redakteur bei www.finanzmarktwelt.de. Die actior AG bietet Selbsthändlern die Möglichkeit, an allen gängigen Märkten der Welt im Bereich CFDs, Futures, Aktien und Devisen zu Top-Konditionen zu handeln. Darüber hinaus erhalten Kunden kostenlose Informationsabende, Seminare, One-to-One Coaching, allgemeine Einführungen in die Handelsplattformen und Märkte.
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    Verfasst von Markus Fugmann
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