Öl und Rubelverfall
Russland auf dem Weg zur Staatspleite? Notfallreserven zur Hälfte aufgebraucht
Die Krise der russischen Wirtschaft wiegt immer schwerer: Neben den Sanktionen des Westens ist es in erster Linie der niedrige Ölpreis, der Russlands Wirtschaft belastet. Nun kündigte der Kreml an, seine Notreserven empfindlich belasten zu müssen.
Notwendig wurden die Maßnahmen aufgrund eines Fehlbetrags von 3,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, welches die russische Regierung am vergangenen Freitag verkünden musste.
Die Vize-Finanzministerin Tatjana Nesterenko kündigte angesichts des Fehlbetrags vor allem zwei Maßnahmen an: Zum Einen will der Kreml Ausgaben in Höhe von 1,07 Billionen Rubel (15,4 Milliarden Euro) einsparen, unter anderem durch Gehaltskürzungen der Kreml-Mitarbeiter. Noch dramatischer ist allerdings die zweite Maßnahme. Und zwar gab Nesterenko bekannt, die Regierung wolle 46 Milliarden Euro aus einem Notfonds entnehmen, berichtet die „Frankfurter Allgemeine“.
Notreserven schon zur Hälfte geleert
Damit wäre der Notfonds innerhalb nur eines Jahres um die Hälfte aufgebraucht worden. Und ein Ende scheint nicht in Sicht. Denn die wirtschaftliche Situation sieht nicht nach Entspannung aus: Neben den Sanktionen des Westens setzt Russland vor allem der Öl-Preissturz heftig zu. Binnen eines halben Jahres ist der Preis für ein Barrel Öl der Marke Brent um mehr als die Hälfte gefallen.
Trotz der seit Jahresbeginn leicht gestiegenen Preise liegt der Preis mit gut 60 US-Dollar noch immer deutlich unter dem für Russland nötigen Preis. Der Kreml rechnet deswegen damit, dass der Notfonds womöglich noch weiter geleert werden muss – im schlimmsten Szenario um mehr als 80 Prozent. Lesen Sie hier, warum Russland deswegen als Verlierer aus dem Öl-Preiskampf hervorgehen könnte.
Droht sogar die Staatspleite?
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Bereits Ende letzten Jahres erklärte der Kieler Ökonom Dennis Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, eine Staatspleite Russlands sei „durchaus möglich“. Anfang Januar warnte auch der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn vor einem Zusammenbruch der russischen Wirtschaft. „Die Devisenreserven des Landes reichen gerade noch, um den Schuldendienst für zwei Jahre zu leisten. Von Exportüberschüssen kann wegen des sinkenden Ölpreises nicht mehr die Rede sein“, so Sinn. Vizekanzler Sigmar Gabriel beteuerte indes, es sei nie das Ziel gewesen, „Russland wirtschaftlich und politisch ins Chaos zu stürzen“. Wer solche Ziele verfolge, provoziere immerhin den Streit mit einer Atommacht.
Der dramatisch gesunkene Ölpreis hat derweil nicht nur in Russland Auswirkungen. Auch die US-Ölindustrie leidet unter den niedrigen Preisen (lesen Sie hierzu: Der US-Ölrausch ist vorbei – Vom Öl-Traum zum Öl-Trauma) – genau wie das für seinen generösen Wohlfahrtsstaat bekannte Norwegen (siehe hier).