Hanergy Group

Mit 10-Minuten-Tradings an die Weltspitze - Zufall oder Marktmanipulation?

Stellen Sie sich ein Solarunternehmen vor, dass sein Geld hauptsächlich mit Verkäufen an seinen Mutterkonzern verdient. Die Leistung der eigenen Solarzellen-Fabriken ist dagegen vergleichsweise gering, noch dazu steht das Unternehmen mit hochverzinsten Krediten bei diversen Schattenbanken in der Kreide. Keine guten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Geschäftsmodell, meinen Sie?

Was aber, wenn dieses Unternehmen tatsächlich existiert, den Namen Hanergy Thin Film Power Group trägt, zur gleichnamigen Hanergy Group gehört, und sich mittlerweile sogar zur wertvollsten Solarfirma der Welt gemausert hat? Tatsächlich hat die HTF-Aktie in den vergangenen Jahren eine Wertsteigerung von unglaublichen 550 Prozent hingelegt. Ganz im Gegensatz zu sämtlichen anderen chinesischen Solarunternehmen, die im gleichen Zeitraum allesamt kaum zulegen konnten oder gar Verluste hinnehmen mussten, so das „manager-magazin“. Heute ist HTF rund 35,5 Milliarden US-Dollar wert und spielt damit in einer Liga mit Silicon-Valley Größen wie Twitter oder Tesla.

Sie glauben, das kann nicht mit rechten Dingen zugehen, nicht mit so einem derartigen Geschäftsmodell? Mit diesem Verdacht stehen Sie nicht alleine. Denn eine detaillierte Recherche der „Financial Times“ legt nahe, dass die Börsenkurse von Hanergy möglicherweise im großen Stil manipuliert wurden.

Die 10-Minuten-Tradings

Die „FT“ hat sämtliche Tagestrading-Daten von HTF aus den letzten beiden Jahren analysiert und kommt zu einem mehr als merkwürdigem Ergebnis: Beinahe täglich kam es in den letzten 10 Minuten vor Handelsschluss schlagartig zu einem plötzlichen Anstieg von HTF-Tradings. Dieses 10-Minuten-Muster sei in 23 der 25 untersuchten Monate nachzuweisen. Kann das überhaupt noch Zufall sein?

Der Bericht erklärt die Auswirkungen dieser 10-Minuten-Welle anhand eines Beispiels: Ein Trader, der täglich ab 9.00 Uhr morgens HTF-Aktien im Wert von 1000 HKD besitzt und diese seit dem 2. Januar 2013 immer um 15.30 Uhr verkauft, hätte im Februar 2015 nur noch 635 HKD übrig. Hätte er dagegen täglich eine halbe Stunde gewartet und seine Verkäufe immer erst in den letzten 10 Minuten getätigt, wären aus den 1000 satte 8.430 HKD geworden (diese Berechnung beinhaltet nicht den nachbörslichen Handel). Damit wird klar: Profitiert haben von diesem Muster in erster Linie die HTF-Anleger, aber auch das Unternehmen selbst, dessen Wert sich kontinuierlich steigerte.

Wenn von HTF-Anlegern die Rede ist, so handelt es sich dabei vor allem um den Hanergy-Gründer Li Hejun. Er besitzt 73 Prozent der Anteile und ist laut Forbes der reichste Mann Chinas.

Experten glauben nicht an Zufälle

Angesichts der Häufigkeit dieses 10-Minuten-Tradings fällt es schwer an einen Zufall zu glauben. Entsprechend kommentieren auch Experten, denen „FT“ die Daten zeigte, die Ergebnisse. Sie alle sprechen davon, dass es extrem unwahrscheinlich sei, dass ein solches Muster auf Zufällen und nicht auf einer bewussten Marktmanipulation basiere. Eine Expertin weist zudem auf die große Motivation hin, gerade den Preis zum Handelsschluss zu manipulieren, da dieser als Referenz für viele weitere Geschäfte fungiere.

Hanergy selbst wies indes jegliche Vorwürfe zurück. „Unsere Gruppe als Anteileigner von Hanergy Thin Film, hat weder ein sogenanntes ‚propping up‘ begangen, noch auf irgendeine andere Weise den Preis der Aktie nach oben getrieben“, heißt es. Gegenüber der Financial Times sagte Hanergy außerdem, man könne die FT-Ergebnisse nicht kommentieren, da man nicht im Besitz der Daten sei und das Rohmaterial nicht überliefert bekommen habe.