Prozessauftakt wegen Marktmanipulation
"Ich bin unschuldig" - Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking weist Anklage von sich
Viel wurde über den Übernahmekrimi zwischen Porsche und Volkswagen geschrieben. Spannend war er, nervenaufreibend, vielleicht größenwahnsinnig … aber war er auch kriminell? Seit heute stehen zwei Protagonisten vor Gericht. Ihnen wird vorgeworfen, Anleger bewusst über die wahren Übernahmeabsichten von Porsche getäuscht zu haben.
Die Übernahmeschlacht zwischen den beiden Autobauern füllt ganze Bücher. Über Jahre hinweg versuchte Porsche heimlich, still und leise den rund 15-fach größeren Konkurrenten Volkswagen zu übernehmen. Der kleine David jagte den großen Goliath und wurde am Ende selbst von ihm geschluckt.
Der Übernahmekrimi in Kurzform
Dabei schien der Plan von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und Finanzchef Holger Härter lange Zeit aufzugehen. Seit 2005 erhöhte Porsche schrittweise seine Beteiligung an Volkswagen, zunächst auf 20, dann auf 30, schließlich auf 50 Prozent. Gerüchte, wonach Porsche in Wahrheit aber eine Mehrheit von 75 Prozent anstrebe, wiesen die Oberen stets zurück. Im Oktober 2008 dann die Wende: Porsche griff nun doch offiziell nach den 75 Prozent. 42,6 Prozent hatte sich der Autobauer bereits gesichert, dazu weitere 31,5 Prozent der Stammaktien über Optionsgeschäfte. Die VW-Aktie ging daraufhin durch die Decke. Der Kursanstieg auf zeitweise über 1.000 Euro ist bis heute legendär.
Dann aber ließ ausgerechnet die Finanzkrise den Übernahmetraum jäh platzen. Mit dem Kursverfall der Volkswagen-Aktien gingen auch die Sicherheiten von Porsche flöten. Die Banken verwehrten daraufhin das notwendige Kapital, um die Übernahme perfekt zu machen. Stattdessen kämpfte Porsche plötzlich ums eigene Überleben. Es folgte der große Gegenschlag. Am Ende siegte Volkswagen über Porsche. Goliath hatte sich den kleinen David einverleibt.
Prozessauftakt gegen Wiedeking und Härter
Knapp sechs Jahre später wird dieser Wirtschaftskrimi wieder lebendig. Wiedeking und Härter stehen seit heute vor Gericht und müssen sich wegen Marktmanipulation verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, die Anleger nicht ausreichend über die Übernahmeabsichten informiert bzw. sie bewusst mit Fehlinformationen getäuscht zu haben. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob Porsche von Anfang an eine Mehrheit bei Volkswagen anstrebte oder ob die jeweilige Aufstockung tatsächlich den aktuellen Ereignissen folgte. Gab es einen Masterplan und wenn ja, haben Wiedeking und Härter diesen bewusst verschwiegen? Das muss nun das Landgericht Stuttgart in 17 angesetzten Prozesstagen entscheiden.
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Indizien, aber keine Beweise
Im Fall einer Verurteilung drohen den beiden ehemaligen Porsche-Managern bis zu fünf Jahre Haft. Doch Experten bezweifeln, dass es der Staatsanwaltschaft gelingen wird, die Marktmanipulation zu beweisen. Zwar liegen zahlreiche Indizien vor, die für einen Masterplan sprechen. Beweise gibt es aber nicht. Darüber hinaus können wichtige Zeugen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen. Dazu zählen diverse Mitglieder der Familien Porsche und Piëch, die sich mit einer Aussage vor Gericht eventuell selbst belasten müssten und diese daher verweigern dürfen. Das alles macht es der Staatsanwaltschaft nicht leichter. Die Verteidiger der beiden Angeklagten streben aufgrund der dünnen Beweislage einen Freispruch für ihre Mandanten an. Auch Wiedeking bekräftige am Donnerstagmorgen beim Betreten des Gerichtsgebäudes: „Ich bin unschuldig.“