AlphaOne_ schrieb 02.01.25, 23:34
Nimm es nicht persönlich, aber das klingt ein wenig nach Kneipenargumentation.
Wie viele Drehfeldmaschinen(Synchron- / Asynchronmaschinen / Reluktanzmaschinen) hast du denn schon entwickelt und optimiert?
Bei Elektromotoren gibt es große Unterschiede was gravimetrische und volumetrische Leistungsdichten, Wicklungsvarianten, Polpaarzahlen, Magnetanordnungen, Eisenverluste, Blechpakete, Rotorlagerung, Kühlung usw. anbelangt. Auch was die unterschiedlichen Technologien anbelangt. Wir reden hier ja nicht über einen relativ einfachen Pumpenmotor. Von der Leistungselektronik und den Ansteuerungsverfahren rede ich jetzt noch gar nicht. Und es macht nur immer Sinn einen elektrischen Antriebsstrang komplett zu betrachten - also eigentlich inklusive Hochvoltbatterie und Leisungselektronik.
Ich würde also mit der fachlichen Einschätzung was, wie, inwiefern trivial ist etwas vorsichtig sein. Da kann man sich leicht täuschen.
Um einen unter vielen unterschiedlichen Aspekten leistungsfähigen und optimierten Elektromotor zu entwickeln bedarf es genauso komplexer Betrachtungen wie bei den Verbrennerpendants.
Das mit dem Wirkungsgrad ist auch so eine Sache. Wie hoch ist denn der Wirkungsgrad eines elektrifizierten Antriebsstrangs bei niedrigen Drehzahlen oder gar im Stillstand? Und man sollte auch immer Äpfel mit Äpfeln vergleichen. Eine Well-to-Wheel Betrachtung ist unbedingt erforderlich.
Die Chinesen haben m. E. nach große Vorteile was die Herstellung der Batterien betrifft. Sowohl was die Kostenseite für Energie anbelangt, als auch was die dafür benötigten Rohstoffe anbelangt(Stichwort seltene Erden). Und bei der Batteriezellfertigung benötigt man relativ viel Energie. Nicht umsonst spricht man in der Elektromobilität immer vom CO2 Rucksack der Batterien. Insofern fehlt dieser Teil der Wertschöpfungskette bei den deutschen Autobauern komplett, sie müssen diesen zwangsläufig "teuer" zukaufen. Die Wertschöpfung findet dann woanders statt.
Und wir reden hier nicht über 2,3 oder 5 Prozent des Herstellungspreises eines Autos. Ich spare mir jetzt aufzuzählen, wer an dieser Misere warum die Hauptschuld trägt.
Und noch eine Ergänzung zu deinem Argument, dass sich die Akkutechnik dynamisch weiterentwickelt. Als ich noch in der Fahrzeugentwicklung gearbeitet habe, hat es geheißen Feststoffbatterien seien zum Greifen nahe. Das ist jetzt ein knappes Jahrzehnt her. Insofern würde ich an deiner Stelle das "dynamisch" mal etwas hinterfragen.
Batterien sind Sondermüll - ohne das jetzt wertend zu meinen. Und wie es um die Lebensdauer bzw. Haltbarkeit bestellt ist, kann jeder der ein moderneres Handy sein eigen nennt selbst erproben wenn er es ein paar Jahre benutzt. Das ist prinzipiell dieselbe Technologie. Und wie sieht es mit einem geschlossenen Wertkreislauf und Recycling für Batterien aus?
Ich will mich jetzt im Diskurs auf keine Seite stellen - ich fahre viel mit meinem Fahrrad und lasse das Auto stehen. Aber es ist mitnichten so, dass die Elektromobilität besonders umweltfreundlich ist. Im Gegenteil.
Vermutlich wird die Elektromobilität oder Elektromobilität in abgewandelter Form mit Brennstoffzellen aber auf Dauer alleine wegen des endlichen Vorrats des Rohstoffes Erdöl irgendwann zwangsläufig überwiegen. Vor allem, weil man das verbleibende Öl für andere Bereich dringender benötigt z.B. in der Luftfahrt.
Einen deutlichen Schub könnte es geben wenn es durch Kernfusion in industriellem Massstab gelingen sollte relativ preisgünstig elektrische Energie erzeugen zu können.
Welche Technologie sich bei den Personenkraftwagen auf Dauer durchsetzen wird kann man nur schwer vorhersagen. Es ist leider auch mitnichten so, dass sich am Markt auch immer zwangsläufig die beste Technologie durchsetzen wird.
Es ist in der Realität ja vielmehr auch immer ein Kompromiss aus verschiedenen Eigenschaften und bestimmten spezifischen Vor- und Nachtteilen die jede Technologie mit sich bringt. Nichts ist schwarz und weiß.
Leider wird im Gegensatz zu früher heutzutage nicht mal ergebnisoffen und wertneutral über die verschiedenen Technologien und deren Vor- und Nachteile diskutiert. Vieles ist heutzutage politisch von ersatzreligiösem Eifer beeinflusst. Schade eigentlich.
Mobilität muss/sollte letztendlich ja für die breite Masse auch bezahlbar bleiben. Ob das die Politik genauso sieht darf hinterfragt werden. Und Bezahlbarkeit ist mit zunehmendem Komplexitätsgrad schwieriger zu lösen, weil der Komplexitätsgrad prinzipiell ein Kostentreiber ist.
Hybridfahrzeuge sind daher eigentlich auch eine relativ teuer erkaufte Effizienzsteigerung. Damit man 0,5 - 1 Liter, im Einzelfall dann bis zu 1,5 Liter Kraftstoff pro hundert Kilometer einsparen kann muss man für die Elektrifizierung 10-15 Tsd Euro oder mehr zusätzlich auf den Tisch legen. Man hat dann in der Gesamtkomplexität aber ein "anfälligeres" Gesamtfahrzeugkonzept mit höherer Masse. Und was passiert den wenn bei einem Hybridauto nach 8 oder 10 Jahren der elektrische Antriebsstrang nicht mehr so funktioniert wie er eigentlich sollte? Wer investiert dann in so ein relativ "altes" Auto noch 6-8 Tsd Euro für eine Ersatzbatterie oder lässt den elektrischen Teil des Antriebsstrangs teuer instand setzen? Vermutlich fahren dann viele rein mit dem dann hoffentlich noch funktionierenden Verbrennungsmotor durch die Gegend und sparen sich aus Kostengründen eine teure und aufwendige Instandsetzung. Dann schleppen sie zusätzliche Fahrzeugmasse des Hybridteils mit sich herum und konterkarieren damit die Einsparungen aus den Anfangsjahren. Wenn man dann die Gesamtbilanz über den kompletten Lebenszyklus inklusive des energetischen Mehraufwands für die Herstellung und Entsorgung zieht - ich meine inklusive der für die Herstellung des zur Elektrifizierung notwendigen Parts eines Hybridfahrzeugs - wird man vermutlich ziemlich enttäuscht bzw. ernüchtert sein. Man könnte spöttisch auch sagen - viel Geld und sehr viel Aufwand für eine relativ überschaubare Einsparung in der Gesamtbilanz.
mitdiskutieren »