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Interview: „Mehr Transparenz: MAR auch eine Chance für Anleihe-Emittenten“
Die Europäische Wertpapier-und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) setzt sich für ein einheitliches Transparenz- und Anlegerschutzniveau in den Kapitalmärkten der EU-Mitgliedstaaten
ein. Mit der europäischen Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – kurz: MAR), die am 3. Juli 2016 in Kraft tritt, werden vor allem die Publizitätspflichten und das Insiderrecht
verschärft. Auf die meisten Unternehmen aus dem Freiverkehr sowie zahlreiche Emittenten von Corporate Bonds kommen damit neue Pflichten zu. Diese erläutert Stephan Däschler, Head of Account
Management bei der EQS Group in München, im Gespräch mit der Redaktion von BondInvestor.
Herr Däschler, die ESMA setzt mit der EU-Marktmissbrauchsverordnung ein klares Signal für den Anlegerschutz. Was bedeutet das?
Stephan Däschler: In erster Linie die Verpflichtung zu mehr Transparenz. In Zukunft werden mit der neuen Verordnung die regulatorischen Unterschiede zwischen dem Regulierten Markt und dem
Freiverkehr deutlich geringer. Die Emittenten sollten die gestiegenen Anforderungen durch die MAR jedoch nicht als lästige Pflichtaufgabe verstehen, sondern vielmehr als Chance, das Vertrauen der
Anleger zu gewinnen und sich im harten Wettbewerb um Fremdkapital zu positionieren.
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Sie begrüßen also die neuen Pflichten, die ab Sommer in Kraft treten und dann auch für die Emittenten von Unternehmensanleihen gelten?
Däschler: Man kann natürlich bei einzelnen Maßnahmen immer diskutieren, ob und wie sinnvoll sie sind. Aber grundsätzlich ist jeder Schritt zu befürworten, der zu mehr Transparenz und damit auch
Anlegerschutz führt. Vor allem vor dem Hintergrund, dass durch die Zahlungsausfälle von einigen schwarzen Schafen das Ansehen des Segments Mittelstandsanleihen in den vergangenen zwei, drei Jahren
stark gesunken ist.
Die Transparenz-Anforderungen für die Emittenten von Corporate Bonds steigen. Was heißt das für den Anleger?
Däschler: Er wird dank der Ausweitung der Publizitätspflicht auf Anleihe-Emittenten in Zukunft mehr Informationen erhalten, die er seiner Anlageentscheidung zugrunde legen kann. Die Emittenten
müssen zwangsläufig ihre Kapitalmarktkommunikation ausweiten und wesentliche Informationen als Ad-hoc-Meldungen sowie Directors‘ Dealings publizieren. Gerade im Anleihen-Segment war es in der
Vergangenheit leider immer wieder der Fall, dass Emittenten nach der Veröffentlichung des Börsenprospekts ihre Kommunikation mehr oder weniger eingestellt haben – dem wird jetzt ein Riegel
vorgeschoben.
Die meisten Emittenten von Corporate Bonds unterlagen bisher noch keinen gesetzlichen Transparenzregelungen. Wie können sich diese Unternehmen auf die neuen Anforderungen
vorbereiten?
Däschler: Es ist natürlich zunächst einmal eine Herausforderung. Die internen Prozesse und Strukturen sollten – sofern noch nicht geschehen – schnellstmöglich entsprechend den neuen
MAR-Anforderungen angepasst werden. Darüber hinaus sind geeignete Überwachungsmechanismen erforderlich, die die Einhaltung der neuen Pflichten gewährleisten. Wichtig ist auch, rechtzeitig eine
LEI-Nummer (Legal Entity Identifier, Anm. d. Red.) zu beantragen, um diese bei den Directors‘-Dealings-Mitteilungen mit zu veröffentlichen.
Können Sie – damit die Leser eine Vorstellung von den neuen Anforderungen bekommen – einmal kurz zusammenfassen, was alles mit der Veröffentlichung einer Ad-hoc-Meldung verbunden
ist?
Däschler: Ja, gerne. Die Emittenten müssen die Voraussetzungen schaffen, um ihre Ad-hoc-Nachrichten sicher und gesetzeskonform europaweit verbreiten zu können; darüber hinaus gilt es
sicherzustellen, dass diese Informationen für einen Zeitraum von fünf Jahren auf der unternehmenseigenen Website öffentlich zugänglich sind. Weiterhin sehen die Regelungen vor, dass – bei einem
temporären Aufschub der Veröffentlichung – die entsprechenden Beschlüsse und Gründe an die nationale Aufsichtsbehörde, also in Deutschland die BaFin, sowie zur Veröffentlichung an das
Unternehmensregister und unter Umständen auch den Handelsplatzbetreiber übermittelt werden müssen.
Hier lauern also schon ein paar Fallstricke. Wie sieht es beim Insiderrecht aus?
Däschler: Da werden Emittenten und alle in ihrem Auftrag handelnden Personen, beispielsweise Rechtsanwaltskanzleien, verpflichtet, Insiderlisten zu führen. Das bringt auch für die Unternehmen aus
dem geregelten Markt einige neue Anforderungen, die deutlich über die bestehenden Vorschriften hinausgehen. Eine einfache Excel-Liste reicht hier längst nicht mehr aus, um die Insiderlisten
komfortabel und gesetzeskonform zu pflegen – und vor allem dabei noch den Überblick zu behalten, denn mit der MAR ist für jedes neues insiderrelevantes Projekt eine neue, separate Liste zu
pflegen.
Das bedeutet?
Däschler: Die Emittenten sollten auf eine professionelle Lösung setzen, mit der sich alle diese Pflichten, also die Verbreitung der Ad-hoc-Nachrichten und das gesetzeskonforme Führen der
Insiderlisten, einfach und sicher aus einer Hand erfüllen lassen. Dienstleister wie die EQS Group mit zertifizierten Prozessen und höchsten Sicherheitsstandards bieten hier in allen Bereichen
umfangreiche Unterstützung. Bei Unsicherheiten in Rechtsfragen empfiehlt es sich darüber hinaus, juristischen Rat einzuholen
Das verursacht jedoch alles Kosten?
Däschler: Das ist richtig. Allerdings kommt das am Ende auf jeden Fall günstiger als eine Geldbuße wegen Nichteinhaltung der MAR. Denn mit der EU-Marktmissbrauchsverordnung wurden nicht nur die
Vorschriften, sondern auch die Sanktionen drastisch verschärft. Der Bußgeldkatalog sieht beispielsweise bei Verstößen gegen das Marktmanipulationsrecht und das Insiderverbot Geldbußen für
natürliche Personen von bis zu 5 Millionen Euro und für juristische Personen im Höchstfall von 15 Millionen Euro oder 15 Prozent des Konzernumsatzes vor. Das kann vor allem für kleinere Emittenten
schon existenzbedrohend sein.
Disclaimer: Der Text ist eine Kolumne aus der aktuellen Ausgabe des BondInvestor,
einer redaktionellen Kooperation der wallstreet:online AG mit www.4investors.de.
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