Immer neue Krisen?
Überraschend gute ifo Geschäftsdaten für September stellen der deutschen Wirtschaft ein stabiles Konjunkturzeugnis aus. Die Trendbestätigung in den nächsten beiden Monaten bleibt jedoch abzuwarten. Denn grundsätzlich kleben weltkonjunkturelle Risiken für die exportsensitive deutsche Industrie weiter wie Kaugummi am Schuh. Zuletzt ist auch die Bankenkrise wieder in den Anlegerfokus geraten. Auch wenn sich die Opec erstmalig seit acht Jahren auf eine Drosselung der Ölfördermenge geeinigt hat, bleibt die weltkonjunkturelle Kaufkraft der Rohstoffländer verhalten. Denn die Begrenzung ist zu gering, um einen nachhaltigen Ölpreisanstieg einzuleiten, der ohnehin durch die alternative Ölfördermethode „Fracking“ behindert wird. Auch die Frage, wer neues US-Staatsoberhaupt wird, beschäftigt die Märkte. Trotz insgesamt ausbleibender Fundamentalargumente hält immerhin die üppige internationale Geldpolitik die Risikoaversion der Anleger in Grenzen.
Goldener Wirtschafts-Herbst oder konjunkturelle Moll-Stimmung?
Es ist eine positive Überraschung, die so gar nicht in die Palette zuletzt eher ernüchternder Konjunkturdaten passen will. Laut ifo Institut steht der deutschen Wirtschaft ein „goldener Herbst“
bevor, nachdem sich die Geschäftserwartungen der von diesem Institut befragten Unternehmen mit 104,5 nach zuvor 101,1 auf ein 9-Monats-Hoch spürbar aufgehellt haben. Setzt man ifo Geschäftslage und
-erwartungen zueinander in Beziehung, hat die deutsche Wirtschaft stimmungsseitig sogar die Rückkehr in die konjunkturelle Zyklusphase „Boom“ vollbracht.
In Aufschwungsstimmung scheinen auf den ersten Blick auch Deutschlands Wirtschaftsforschungsinstitute zu sein, die in ihrem Herbstgutachten die
Wachstumsprognose 2016 auf 1,9 nach zuvor 1,6 Prozent angehoben haben. Dennoch ist in puncto nachhaltiger Wirtschaftserholung Skepsis angesagt. Früher wurden erst Wachstumsraten von zwei Prozent
mit Aufschwung gleichgesetzt. Im Übrigen haben die Wirtschaftsforscher das Wachstum 2017 von 1,5 auf 1,4 reduziert.
Lesen Sie auch
Überhaupt haben ifo Geschäftsklima, -lage und -erwartungen lediglich die Rückgänge der beiden Vormonate ausgeglichen und setzen damit ihren insgesamt volatilen Seitwärtstrend seit Anfang 2015
fort.
Grundsätzlich schwelen die Sorgen vor Exporteintrübungen angesichts des in diesem Jahr schwächsten Weltwirtschaftswachstums seit 2009 (2,9 Prozent)
weiter. Auch der Einkaufsmanagerindex für das weltweite Verarbeitende Gewerbe lässt mit einem Wert von 50,8 nicht auf markante Besserung hoffen. In der Detailbetrachtung befindet sich die
US-Industrie bereits in der Rezession und auch der Dienstleistungssektor zeigt Abkühlungserscheinungen. Ebenso tritt die Eurozone nach der kürzlichen Einschätzung von EZB-Präsident Draghi
konjunkturell auf der Stelle. Als bedeutenden Grund nennt er die Reformfeindlichkeit der Wirtschaftspolitik in fast allen Euro-Staaten. Und mit der konjunkturellen „Normalisierung“ der
Schwellenländer büßt ein in der Vergangenheit bedeutender Wachstumstreiber der Weltwirtschaft ebenso an Schlagkraft ein.