Meinung
Ciao, Italia! Italien muss den Euro aufgeben, um ihn und sich zu retten
Lange Zeit wurde die Mär verbreitet, die Zukunft des Euro würde von Griechenland abhängen. Das war 2010 beim ersten Bail-Out so und dann auch in den Folgejahren. Scheitert der Euro in Griechenland, dann scheitert Europa, so das Credo.
Heute ist klar, Griechenland ist ein Failed State, der durchgefüttert wird, aber bei dem allen Beteiligten klar ist, dass er dauerhaft am Tropf hängt, so lange er im Euro verbleibt. Seit dem Rettungsversuch Griechenlands hat sich die Krise jedoch wie ein Virus in das Zentrum Europas verbreitet. Die Mitte des Orkans ist inzwischen Italien. Italien steckt nicht erst seit dem gescheiterten Referendum vom vergangenen Sonntag in einer fundamentalen Strukturkrise. Doch das Scheitern Renzis bringt die Strukturprobleme deutlich ans Tageslicht.
Seit der Euro-Einführung 1999 hat sich die Staatsverschuldung Italiens um rund 1.000 Milliarden Euro erhöht. Nur in den Zwischenkriegsjahren war die relative Verschuldung zur Wirtschaftsleistung höher. Heute beträgt sie fast 135 Prozent. Die steigende staatliche Verschuldung geht einher mit einem Verlust von Wirtschaftskraft im Norden wie im Süden des Landes. Bis zur Einführung des Euros entwickelten sich der Norden und der Süden – natürlich von unterschiedlichen Ausgangsniveaus – im Gleichklang. Während der Norden seitdem seine Wirtschaftskraft zwar nicht steigern, aber zumindest halten konnte, verlor der Süden massiv an Wirtschaftskraft: im Vergleich zu 2001 sind es 11,2 Prozent. Das lässt sich auch an einigen wichtigen Wirtschaftszweigen ablesen. Das produzierende Gewerbe ging gegenüber dem Hoch im Dezember 2006 um 27,8 Prozent zurück und verharrt seit über 3 Jahren auf diesem niedrigen Niveau. Die Automobilindustrie, eine der wichtigen Schlüsselindustrien Italiens, folgt einem stetigen Niedergang und produziert heute so viele Autos wie 1960. Im Vergleich zu den Hochzeiten Anfang der 1990er Jahre hat sie über 66 Prozent der Produktion eingebüßt. Auch andere Branchen wie die Stahlindustrie produzieren auf dem Mengenniveau der 1970er Jahre.
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All das bleibt nicht ohne Folgen. Das Bankensystem ist durch die strukturelle Wachstumsschwäche überschuldet. Rund ein Drittel der faulen Kredite europäischer Banken sind in den Büchern der italienischen Institute. Insgesamt sind dies inzwischen über 360 Milliarden Euro, rund 200 Milliarden davon sind länger als 90 Tage im Zahlungsverzug. Über 22 Prozent aller Kredite in Italien sind damit im Feuer. Daher geht es in Italien nicht nur um die Existenz der Skandalbank, der Banca Monte dei Paschi die Siena, sondern um eine lang aufgestaute Strukturkrise des gesamten Bankensektors.