Fast fünf Milliarden Euro gefordert
Ja, Vattenfall will Deutschland immer noch verklagen
Dass sich Deutschland 2011 für den Atomausstieg entschieden hat, fand der schwedische Staatskonzern Vattenfall nicht so toll. Dafür, dass er schon viel Geld in zwei deutsche Kraftwerke gesteckt habe, forderte er von der Bundesrepublik eine faire Kompensation in Höhe von 4,7 Milliarden Euro. Laut Finanzchef Stefan Dohler halte man daran bis heute fest.
Nachdem vor sechs Jahren infolge einer durch ein Erdbeben ausgelösten Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima mehrere Tausend Menschen ums Leben kamen, entschied sich Bundeskanzlerin Merkel kurz danach für eine atompolitische Kehrtwende. Bis 2022 sollen auch die letzten Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden, so das gesetzlich festgelegte Ziel.
Die ein Jahr zuvor beschlossene Laufzeitverlängerung für bestehende Atommeiler war somit Makulatur. Für die Energieriesen E.ON, RWE Grund genug, Verfassungsbeschwerde einzulegen. Auch Vattenfall schloss sich der Klage an, initiierte aber parallel dazu noch ein nicht öffentliches internationales Schiedsverfahren vor einem ICSID-Tribunal (internationales Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten) in Washington. Darin verklagte der Energieriese die Bundesrepublik auf einen Schadenersatz in Höhe von 4,7 Milliarden Euro.
Immerhin habe man in Hinblick auf die Verlängerung schon einige Investitionen an den Kraftwerken in Brunsbüttel und Krümmel vorgenommen, so die Behauptung. Kritiker werfen dem Konzern jedoch vor, mit den besagten Atommeilern (bei denen es in der Vergangenheit mehrere Pannen gegeben hatte) nur noch Verluste eingefahren zu haben und diese nun mit Steuergeldern ausgleichen zu wollen. Die mündlichen Anhörungen fanden bereits im letzten Jahr statt, ein Urteil werde erst im Sommer erwartet.
Zwar fordern Umweltschutzorganisationen Vattenfall und die anderen Versorger regelmäßig dazu auf, ihre Klagen fallenzulassen. "Reuters" zufolge sei man jedoch maximal nur zu einem Teilverzicht bereit. "Vattenfall ist erst 2000 nach Deutschland gekommen. Man kann uns nicht vorwerfen, dass wir jahrzehntelang Gewinne mit unseren Kernkraftwerken in Deutschland gemacht haben. Das Argument kaufe ich nicht", betonte CFO Stefan Dohler. Man halte daher an der Klage in Washington fest und wolle "fair entschädigt werden."
Experten schätzen, dass Vattenfall in der Sache durchaus Erfolg haben könnte. Ganz abgesehen davon ist die Angelegenheit ohnehin schon teuer: Bereits jetzt haben sich die Gerichtskosten für Deutschland auf mehrere Millionen Euro summiert - insgesamt rechnet die Bundesregierung mit neun Millionen Euro bis zum Ende des Verfahrens.