Genügend Wasser im Hombre Muerto Salar? Arcadiums hoher Wasserverbrauch und der Vergleich mit Galans Chloridstrategie
Ich beschäftige mich gerade aus Interesse mit dem Thema Wasserverbrauch und Lithiumproduktion aus Solevorkommen allgemein und vor allem im Salar del Hombre Muerto (SdHM). Hintergrund ist das aktuelle Umweltgenehmigungsverfahren von Galan für Phase 2.
Die Problematik der Wasserknappheit im Salar ist allgemein bekannt. Das folgende Zitat einer wiss. Studie (Liu 2019) zum Thema (bezogen auf Atacama) fasst das sehr gut und präzise zusammen:
Der Wasserverbrauch und die potenzielle Bedrohung der lokalen Flora und Fauna sind zwei der wichtigsten Nachhaltigkeitsaspekte der Lithiumgewinnung (Flexer et al., 2018). Bei der Lithiumgewinnung werden 95 % des extrahierten Salzwassers verdunstet (Habashi, 1997), und das Süßwasser wird direkt aus den Bergen an der Ostgrenze der Atacama Salzebene gepumpt. Auch wenn das Salzwasser nicht für den menschlichen oder landwirtschaftlichen Verzehr geeignet ist, steht es in hydrodynamischer Beziehung zur Umgebung (Marazuela et al., 2019a). Infolgedessen kann der wasserintensive Bergbau in dieser sehr trockenen Region negative Auswirkungen auf die Erschöpfung der Grundwasserleiter (Babidge und Bolados, 2018), den Wasserhaushalt und die Ökosysteme haben (Flexer et al., 2018; Babidge und Bolados, 2018), was bei der lokalen Bevölkerung, Umweltschützern und Regierungsbehörden Besorgnis auslöst. In den letzten zehn Jahren wurden von der regionalen Behörde zahlreiche Bergbaugenehmigungen erteilt, um die weltweit steigende Nachfrage nach Lithiumkarbonat zu befriedigen, so dass die Ausweitung der Produktion zu Veränderungen der Landschaft und des Mikroklimas in der Umgebung führen kann, was wiederum zu sozialen Konflikten zwischen Bergbauunternehmen und lokalen Gemeinschaften führt (Molina Camacho, 2016).
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0303243419300996?via%3Dihub
Das Gerichtsurteil in Catarmarca im März diesen Jahres zu diesem Thema hat dabei auch noch zusätzlich Aufmerksamkeit erzeugt. Geklagt haben lokale Gruppen der im Salar ansässigen Altiplano Atacameños Community. Ihr Vorwurf: Die Lithiumproduktion von Arcadium (Fenix) hat zur Wasserknappheit im Salar geführt, da seit über 20 Jahren Frischwasser vom Los Patos River und Trapiche River entnommen wird. So soll u.a. durch den Bau eines Damms das Flussufer des Trapiche ausgetrocknet worden sein. Dies wurde von der damaligen Livent in der auf spanisch verfassten Umweltstudie nicht bestritten. Ein weiterer Vorwurf lautet, dass die unterschiedlichsten Unternehmen, die im Salar ansässig sind, in ihren einzelnen Umweltstudien nicht die kumulativen Effekte der Wasserentnahme und Soleverdunstung im gesamten Salar behandeln und die Bevölkerung nicht angemessen konsultiert und beteiligt wurde. Das Gericht hatte angeordnet, dass vorerst keine weiteren Umwelt-Genehmigungen durch die Behörden in Catarmarca erteilt werden dürfen, solange die kumulativen Effekte der einzelnen geplanten Expansionen nicht angemessen evaluiert werden.
Wichtig ist zu wissen, dass es bei den Vorwürfen und dem Gerichtsurteil in erster Linie um die Situation im Fluss -Delta des Los Patos River und des Trapiche Rivers geht. Dort befinden sich die Projekte von Arcadium (Fenix und Sal de Vida inklusive der geplanten Expansionen). Aber auch das Candelas-Projekt von Galan befindet sich im umstrittenen Gebiet, das Teil der späteren Expansionen von Galan werden soll. Um die Problematik besser einordnen zu können, empfehle ich die Lektüre der investigative Recherche von Hunterbrook zu Arcadiums Wasserverbrauch im Salar:
https://hntrbrk.com/arcadium/
Zur Sicht der Umweltaktivisten empfehle ich diese Quelle: https://farn.org.ar/wp-content/uploads/2023/05/Sal-de-Vida-A-risky-lithium-mining-project-in-Argentina.pdf
Die dortige Abbildung 4 auf Seite 3 zeigt die Lage der Candelas-Liegenschaft von Galan. Sie liegt erkennbar im umstrittenen Gebiet des Flusses Los Patos.
Um die allgemeine Situation im Salar einschätzen zu können, ist auch die Global Lithium Podcast Folge 116 aus dem Jahr 2021 empfehlenswert, da das Wasserproblem im SdHM ( ab ca. Minute 17) thematisiert wird.
Die angesprochene Recherche von Hunterbrook nutzt verschiedenste Quellen, unter anderem auch die von Arcadium 2021 eingereichte Umweltfolgenstudie in spanischer Sprache. Darin wird von Arcadium (damals noch Livent) selbst erwähnt, dass aufgrund der geplanten Expansionen der bisherige Frischwasserbedarf aus dem Trapiche Fluss nicht mehr ausreicht, und nun Grundwasser aus dem Grundwasserleiter, der sich in der Nähe des Flusses De Los Patos, angezapft wird.
Der zentrale Vorwurf von Hunterbrook lautet: Arcadiums -Fenix-Produktionsanlage (DLE) verbraucht im Vergleich zu anderen Wettbewerbern (SQM und Albermarle) deutlich mehr Wasser und verschärft daher erheblich die angespannte Wassersituation im Salar del Hombre Muerto.
Ich habe die Zahlen von Hunterbrook bzgl. Fenix überprüft und kann sie bestätigen. Aus meiner Sicht wurde hier sauber recherchiert.
Interessant in diesem Zusammenhang war meines Erachtens damals auch die sehr schmallippige Pressemitteilung von Arcadium als Reaktion auf das Gerichtsurteil:
https://ir.arcadiumlithium.com/investors/news/news-details/2024/Arcadium-Lithium-Responds-to-Provincial-Court-Ruling-in-Argentina/default.aspx
Inwiefern das Gerichtsurteil Auswirkungen auf die geplanten massiven Erweiterungen bis 20230 hat, wird von Arcadium mit keiner Silbe in dieser Börsennachricht thematisiert. Interessant ist auch, dass beim kürzlichen Investor Day die Problematik ebenfalls nicht erwähnt wird (z.B. Seite 28 der Investor Präsentation). Bei genauer Betrachtung der Präsentation fiel mir jedoch ein kleines Detail auf:
Die angesprochene zukünftige „Genehmigungssituation“ (so würde ich das übersetzen) liefert den relativ versteckten Hinweis, dass die Gefahr besteht die geplanten Expansionen im Salar nicht durchführen zu können. Wir sprechen hier von erheblichen Kapazitäten in Höhe von 60ktpa LCE, deren Realisierung also risikobehaftet ist und die auch im globalen Maßstab nicht unerheblich sind.
Galan hatte damals ebenfalls auf das angesprochene Gerichtsurteil reagiert und in einer Mitteilung darauf hingewiesen, dass man kein Wasser aus dem umstrittenen Flussgebiet entnehmen werde und davon ausgehe, vom Gerichtsurteil nicht betroffen zu sein:
Quelle: https://wcsecure.weblink.com.au/pdf/GLN/02786042.pdf
Nun frage ich mich:
wieviel (Frisch)Wasser wird Galan für die Phase 2 (21ktpa LCE) eigentlich benötigen, woher stammt es und lassen sich dadurch mögliche Risiken ableiten, was die angespannte Wassersituation im Salar und damit die ausstehende Genehmigung angeht?
In der DFS aus 2023 zu Phase 2 schreibt Galan dazu:
The industrial water source for the HMW Project will come from four water wells and one trench located within the Project footprint. The water demand for Phase 2 is 20 L/s, which is considered sufficient for both construction and operation purposes. At the time of preparation of this report Galan has constructed and tested one fresh water well yielding 10 L/s. A second well is under construction.
Ich habe daher die Angaben in der DFS auf 365 Tage im Jahr hochgerechnet und die Wasserintensität je Tonne LCE ermittelt um diese mit den Angaben von Hunterbrook der anderen Projekte dann vergleichen zu können:
Quelle: http://hntrbrk.com/arcadium-data/
Zusätzlich habe ich mir die DFS aus dem Jahr 2023 zum Sal de Vida-Projekt angeschaut und auch dort die angegebenen Wasser-Entnahmeraten hochgerechnet, um die zu erwartende Wasserintensität zu berechnen. Im technischen Report heißt es zur Wasserentnahme (S.38):
The Sal de Vida Project will require 100-120 m3/hr of raw water for the operation of Stage 1 and 2. The water permits that will be required to take account of the increased water demand to construct and operate Stage 2 have not been applied for yet.
https://www.datocms-assets.com/53992/1698636681-sal-de-vida-lithium-brine-project-ni-43-101-technical-report-feasibility-study_final.pdf
Im Folgenden nun meine erstellte Graphik zur Veranschaulichung:
Die Recherchen von Hunterbrook haben ergeben, dass das DLE Verfahren von Arcadium deutlich mehr Wasser verbraucht als vergleichbare Projekte. Die wissenschaftliche Literatur zum Thema bestätigt in etwa diese Größenordnungen der Wasserintensität von Lithiumkarbonat (auch wenn Spannweiten in den Angaben oft sehr groß sind).
Arcadium könnte gezwungen sein, Kapazitäten anzupassen oder die Technologie zu ändern um weniger Wasserressourcen zu verbrauchen. Galans Phase 2 hat im Vergleich zu Fenix eine deutlich geringere Wasserintensität. Im Vergleich zu Sal de Vida ist diese hingegen höher, trotz der geringeren Wertschöpfungstiefe (Lithiumchlorid). Dies könnte insgesamt nichtsdestotrotz ein erster Hinweis sein, dass Galan zumindest mit Phase 2 einen noch vertretbaren „Wasserfussabruck“ in dieser wasserarmen Region hat.
Da für das Gleichgewicht eines ökologische System nicht die Wasserintensität von Verbrauchern sondern vielmehr die rein quantitative Menge an entnommenem Wasser relevanter sein dürfte, habe ich die Frischwasser-Entnahmemengen der Projekte/Expansionsphasen im SdHM von Arcadium (Quelle: Hunterbrooks Verlinkung zur in Spanisch verfassten EIA) und Galan (Phase 1 und 2) in absoluten Zahlen ermittelt:
Auffallend ist der extreme Wasserbedarf der Fenix-DLE-Anlage in seinen Expansionsphasen.
In seiner bereits genehmigten Phase 2 Ausbaustufe (38 ktpa LCE gesamt) wird die Fenix-Anlage laut meinen Berechnungen 10 mal so viel Wasser verbrauchen wie Galan bei Phase 1 und 2 (25ktpa LCE). Galans Phase 2 soll voraussichtlich 2026/27 in Produktion gehen. Die weitere Ausbaustufe von Fenix, auf insgesamt dann 68 ktpa, würde den Wasserbedarf noch weiter signifikant in die Höhe treiben. Auch ist zu beachten, dass das Posco-Projekt „Sal de Oro“ hier gar nicht mitbetrachtet wird, und die Wassersituation im SdHM weiter verschärfen dürfte. Auch hier sind riesige Produktionskapazitäten von langfristig bis zu 100 Ktpa geplant.
Fazit:
Insgesamt erscheint mir, dass die gesamten Expansionspläne der einzelnen Unternehmen in Anbetracht der Wasserknappheit und möglicherweise bereits schon erkennbaren negativen Umweltauswirkungen nicht realistisch sind. Die Verfügbarkeit von Wasser dürfte über die tatsächliche Produktionsmenge im Salar entscheiden. Probleme mit den Behörden, Verzögerungen bzw. Widerstände der lokalen Gemeinden scheinen fast vorprogrammiert.
Sehr positiv in diesem hydrologisch-ökologischen Zusammenhang erscheint mir der gewählte Chlorid-Ansatz von Galan. Welchen Sinn macht es überhaupt in SdHM „wasserintensives“ Lithiumkarbonat herzustellen? Ich denke nicht viel, auch vor diesem Hintergrund ist die Vereinbarung Galans mit Catarmarca wegweisend, in der eine Weiterverarbeitung des Lithiums nach vier Jahren
ausserhalb des SdHM vereinbart wurde. Das dürfte mit der Wasserproblematik im SdHM im Zusammenhang stehen.
https://wcsecure.weblink.com.au/pdf/GLN/02797809.pdf
Ich kann die Ausmaße der Umweltauswirkungen nicht beurteilen, mir scheint aber bei der Betrachtung der absoluten Zahlen, dass Galans bis Phase 2 einen sehr geringen zusätzlichen „Wasserstress“ verursachen dürfte, vor allem im Vergleich zu Arcadiums geplantem Wasserverbrauch.
Derzeit läuft die finale Phase des Umweltgenehmigungsverfahren von Galans Phase 2. Die Wasserthematik ist in solchen Verfahren ganz sicher zentral. Galan rechnet mit der Erteilung gegen Ende des Jahres, spätestens Anfang 2025.
DYOR, keine Gewähr, dass meine Angaben und Berechnungen und Schlussfolgerungen daraus korrekt sind.
Gruss Peekey