Niedrigzinsen
„Ein Gespenst geht um in Europa…“ - Seite 2
Allein mit Investitionen in das Sparbuch oder Festgeld kommt man heutzutage nicht mehr weit. Anleger sind gezwungen ihr Geld in sorgfältig ausgewählte Unternehmen zu investieren. An einer Investition in Aktien kommt derzeit kein Sparer mehr vorbei. Karl Marx würde dieser Entwicklung wahrscheinlich positiv gegenüberstehen. Denn als Aktionär wird man schließlich Miteigentümer an den Produktionsmitteln.
Leider bedeutet die Miteigentümerschaft auch, dass man auch an den Risiken beteiligt wird. Dieses Risiko, ausgedrückt durch Kursschwankungen, haben deutsche Sparer erkannt und bewerten es überproportional hoch. Gefürchtet ist alles, was an der Börse gehandelt wird und dessen Kurs fallen kann. Egal ob Anleihe oder Aktien, Börse bedeutet für die Deutschen Kasino. Ein Aktionär wird gleichgesetzt mit einem Spekulanten und weniger als Mitinhaber eines Unternehmens. Eine fatale und auf lange Sicht teure Fehlinterpretation.
Dabei bergen auch Tages- und Festgelder Risiken. Auf den ersten Blick, so die Logik von vielen Anlegern, ist das Kapital in dieser Sparform gesichert. Denn selbst, wenn es keine Zinsen gibt, wird es nicht weniger. Auf dem Kontoauszug ist das in der Tat so, der angelegte Betrag bleibt konstant. Mit der Kaufkraft dagegen sieht es, wegen der Inflation, ganz anders aus. Nahezu unbemerkt zehrt die Inflation im Laufe der Jahre das Vermögen auf. Ein anderes Risiko ist da wesentlich präsenter. Sparer, die 2014 auf der Suche nach Zinsen bei Banken in Zypern gelandet waren, mussten das schmerzhaft erfahren.
Wer sein Konto bei der „falschen Bank“ und mehr als die gesetzlich geschützten 100.000 Euro dort anlegte, hatte im Zweifel das Nachsehen. Denn das kann einen Totalverlust und nicht nur Schwankungen bedeuten. Dieses Risiko wird von vielen konservativen Sparern systematisch und erfolgreich ausgeblendet.
Zugegeben, der Schritt vom Sparbuch-Sparer zum Aktien-Anleger ist nicht einfach. Allerdings ist Nichtstun derzeit keine Alternative. Wer in alten Denkmustern verharrt, wird mit hoher Sicherheit zu den Verlierern gehören. Nur wer anfängt, sich mit alternativen Sparformen auseinanderzusetzen wird langfristig sein Vermögen erhalten.
Als Karl Marx, gemeinsam mit seinem Freund und Förderer Friedrich Engels, in London das Kommunistische Manifest aufsetzte, war die Welt im Umbruch. Die industrielle Revolution steuerte in England auf ihren Höhepunkt zu und veränderte die damals herrschende Klassen-Gesellschaft in ihren Fundamenten. Ganze Gesellschaftsschichten stürzten in die Verelendung, andere, die die Zeichen der Zeit erkannten, wurden vermögend.
Aktuell befindet sich die digitale Revolution in ihren Anfängen und verändert das Leben wiederum nachhaltig. In der Arbeitswelt werden in Zukunft wenige Menschen Computern sagen, was diese zu tun haben, aber immer mehr Menschen das tun, was Computer ihnen sagen. Künstliche Intelligenz wird das Leben der Menschen bestimmen. In der Finanzwelt dagegen arrangiert man sich mit einer Welt ohne sicheren Zins. Viele Ökonomen schließen eine Rückkehr zu den Zinsniveaus, die vor der Finanzkrise 2008 herrschten, für lange Zeit aus.
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Das Kommunistische Manifest schließt mit dem Aufruf „Proletarier aller Länder, vereinigt euch“. Analog dazu will man heute ausrufen „Sparer aller Länder, werdet zu Anlegern“. Denn ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst der Niedrigzinsen.
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