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STUTTGART (BOERSE STUTTGART GMBH) - Anleihenmarktbericht der Börse Stuttgart
AKTUELLES MARKTGESCHEHEN
Rentenmarkt: Stürzt Italien ins (witrschaftspolitische) Chaos?
Forciert die neue Regierung in Italien eine Eurokrise reloaded? Die neu formierte Koalition aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega hat noch nicht richtig im Palazzo Montecitorio Platz genommen, doch schon jetzt sorgt das vorgestellte Regierungsprogramm für Unruhe am Finanzmarkt. Dabei ist - entgegen dem allgemeinen Medientenor - de facto (noch) nicht viel passiert. Der italienische Leitindex befindet sich zwar seit Wochenbeginn unter Druck und gab mehr als drei Prozent nach. Doch derartig politische Börsen haben sich eher selten als nachhaltig erwiesen. Und doch sind neue Sorgen um Italien nicht unbegründet: Da wäre zum einen die politische Zäsur. Italien gehörte 1957 zu den Gründerstaaten der EWG. Nun sitzt erstmals eine Regierung in Rom, die nachdrücklich auf Distanz zu Brüssel geht. Wie groß das Konfliktpotenzial in Brüssel künftig sein wird, werden allerdings erst die kommenden Monate zeigen.
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Die wirtschaftspolitische Dimension wirkt aktuell jedoch weitaus mittelbarer. Die vorgestellten Ideen der neuen Regierung stoßen manchen Beobachter - vorsichtig formuliert - vor den Kopf. So will die neue Koalition den bisherigen Sparkurs beenden. Mehr noch: Die neue Koalition plant massive Steuersenkungen und zusätzliche Sozialausgaben. So soll das Rentenalter nun doch nicht angehoben werden, die Steuersätze (nicht nur für Unternehmen) gesenkt und eine Art Grundeinkommen eingeführt werden. Grundsätzlich spricht wenig dagegen, von einem rigiden Sparkurs auch mal abzuweichen und neue Wege einzuschlagen. Doch alle vorgestellten Ideen verfehlen das eigentliche Ziel und suggerieren, dass vor allem der auferlegte Sparkurs die Wurzel allen Übels sei. Doch die Probleme in Italien sind vor allem struktureller Natur. Um nur ein plakatives Beispiel zu benennen: Die Produktivität der Eurozone insgesamt stieg in den vergangenen 20 Jahren (trotz Finanzkrise) um durchschnittlich 20 Prozent, während Italiens Wirtschaft im selben Zeitraum stagnierte. Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, führt diesen Umstand vor allem auf den äußerst inneffizienten Staatsapparat und eine träge Verwaltung zurück. Eine Verwaltungsreform ist jedoch bislang nicht vorgesehen. Ebenso wenig wie steigende Ausgaben für Bildung, Forschung oder Infrastruktur. Keines der drängenden Probleme scheint angegangen zu werden. Zudem stellt sich die Frage, wer die vorgestellten Versprechen eigentlich bezahlen soll? Sollten alle Ideen tatsächlich 1:1 in die Tat umgesetzt werden, so würde das Staatsdefizit auf über sieben Prozent ansteigen. Konflikte mit Brüssel wären vorprogrammiert.