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     3629  1 Kommentar Jetzt Gold?

    In dieser Woche war ich beim Orthopäden. Er fragte mich, was ich denn beruflich mache. Und ich sagte: Nichts. Nur ein bisschen Börse und Schreiben.

     

    Da erzählte er, er habe nur einmal Aktien gekauft, da habe ihn seine Bank so lange angerufen, bis er nachgegeben hatte. Dann habe ich jedoch nicht mehr zugehört, was daraus geworden ist, weil er schon die Spritze in der Hand hatte. Aber doll war seine Erfahrung wohl nicht.

     

    Hinterher sage ich: Es gibt aus meiner Sicht eigentlich nur zwei Erfolgsrezepte. Man muss erstens sehr lange warten können und zweitens dann kaufen, wenn niemand davon redet, und verkaufen, wenn alle das tun.

     

    Ich mache das schon ganz intuitiv so und hatte daher bereits in der Woche davor meine Goldbestände weiter aufgestockt. Denn was ist das für eine verrückte Welt, in der alles kurz vor dem Zusammenbruch steht und das Gold trotzdem ständig sinkt?

     

    Da stimmt doch etwas nicht. Deswegen fange ich das fallende Gold auf. Denn erstens ist es nicht scharf wie ein Messer, und zweitens: Wer es nicht hat, wenn es fällt, hat es auch nicht, wenn es steigt.

     

    Mir ist es sowieso piepschnurzegal, wie das Gold dieses oder nächstes Jahr steht. Ich werde es sowieso nicht verkaufen. Das wird ein Familien-Erbstück. Da werden dann meine Töchter einmal urteilen, ob der Papa es richtig oder falsch gemacht hat. Ist eigentlich eine wunderbare Lösung so. Denn ich bin damit raus aus dem Schneider.

     

    Aktien würde ich dafür allerdings nicht verkaufen, doch ehe ich Guthaben bei Banken halte, habe ich lieber Gold im Schließfach.

     

    Mit Interesse lese ich daher, dass die Türkei gerade Gold verkauft, um sich Liquidität zu beschaffen. Da denke ich: Danke, Herr Diktator! Danke für den Rabatt, den ich durch Sie bekomme! Aber er muss wohl, weil er Kredite zurückzuzahlen hat. Und ich lese, dass das vielen anderen ebenfalls so ginge.

     

    Was für eine verrückte Welt ist das denn?, frage ich mich. Früher einmal haben Staaten Liquidität hergegeben, um Gold anzuhäufen, heute jedoch ist es genau andersherum.

     

    Dabei haben wir doch eine riesige Geldschwemme. Und Staatsanleihen mit bester Bonität stehen weiterhin auf Rekordniveau. Da passt wirklich etwas nicht zusammen. Die Welt von heute ist irgendwie spiegelverkehrt.

     

    Man stelle sich jetzt nur einmal einen Straßenverkehr vor, in der einige die Welt spiegelverkehrt sehen und anderen nicht. Ich glaube, da bleibe ich lieber zu Hause und nähre mich redlich.

     

     

     

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    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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