checkAd

     4113  0 Kommentare MagForce: "Fühlen uns mit den Schätzungen des Analysten im Hinblick auf unsere Profitabilität wohl"

    Die Jahre 2019 bis 2021 werden für MagForce richtungweisend: Am Ende der drei Jahre soll der Sprung in die schwarzen Zahlen die Mühen belohnen, die man derzeit in Studien und Expansion steckt. MagForce-Chef Ben Lipps nimmt im Gespräch mit unserer Redaktion Stellung zum Verlauf der Studien in den USA, wo man sich vom zwischenzeitlichen Shutdown nicht betroffen sieht. Auch über die Planungen für den europäischen Markt und die Finanzierung der Berliner Gesellschaft, die als Spinoff aus dem bekannten Berliner Krankenhaus Charité hervor gegangen ist, spricht Lipps.

    MagForce war 2018 gefühlt eher still, was die Kommunikation mit dem Kapitalmarkt angeht. Täuscht unser Eindruck?

    Ben Lipps: Diesen Eindruck teile ich nicht. 2018 war für MagForce ein wichtiges Jahr, in dem wir vieles umgesetzt und zahlreiche wichtige Meilensteine bekannt gegeben haben. Man denke zum Beispiel an den Beginn unserer pivotalen Prostatakrebsstudie in den USA oder an unseren ersten Kooperationsvertrag mit einer Klinik für die kommerzielle Behandlung von Hirntumorpatienten mit unserer NanoTherm Therapie außerhalb Deutschlands, in Polen. Beides waren sehr wichtige Schritte in der effektiven Umsetzung unserer dualen Strategie – nämlich die erfolgreiche Entwicklung und Markteinführung unserer NanoTherm Technologie als einzigartige Therapie zur fokalen Ablation für Prostatakrebs-Patienten mit intermediärem Risiko in den USA und parallel NanoTherm als kommerzielle Behandlungsmöglichkeit für Hirntumor-Patienten in ganz Europa zu etablieren. 

    Im jüngsten Aktionärsbrief sprechen Sie von einem vielversprechend aussehenden neuen Jahr. Die Prostatakrebsstudie in den USA mit der NanoTherm Therapie ist dabei wohl das wichtigste Projekt für 2019. Welche Fortschritte macht die Studie?

    Ben Lipps: Die Studie, von der Sie sprechen, ist unsere mehrstufige, einarmige Zulassungsstudie mit bis zu 120 männlichen Patienten. Wir wollen zeigen, dass die NanoTherm Therapie mit geringsten Nebenwirkungen Prostatakrebsläsionen sehr gezielt zerstören kann. Die Behandlung der ersten Patienten hat im Juli begonnen, und zurzeit rekrutieren drei angesehene urologische Zentren in den USA aktiv Patienten für die Studie. Bisher erleben wir ein unmittelbares und starkes Interesse an der Rekrutierung, sowohl von Prostatakrebs-Patienten als auch ihren behandelnden Ärzten. Das spiegelt den hohen medizinischen Bedarf in dieser Indikation wider und stärkt unser Vertrauen in das große Potential einer einzigartigen, weniger invasiven, wirksamen und gut verträglichen Behandlungsoption für den Prostatakrebsmarkt, der auf einem Wert von bis zu 300 Millionen US-Dollar geschätzt wird.

    Sorgte der zwischenzeitliche Shutdown in den USA für Verzögerungen und Beeinträchtigungen bei der Studie?

    Ben Lipps: Nein, wir waren vom teilweisen Stillstand der Behörde nicht betroffen. Wir haben unsere Investigational Device Exemption (IDE), d.h. unsere Zulassung zur Durchführung der klinischen Studie, von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) vor dem Shutdown erhalten. Dies hat es uns ermöglicht, mit der Studie noch 2018 zu beginnen. Gleichermaßen hat der Shutdown zu keinerlei Verzögerungen in unserer Studie geführt. Wir erwarten die endgültigen Daten der Studie gegen Ende 2019. Mit diesen Daten wollen wir die Registrierung unserer Therapie bei der FDA beantragen.

    Im Oktober hatten Sie angekündigt, Anfang 2019 erste konkrete Behandlungsergebnisse aus der Studie in den USA vorzulegen. Wann ist damit zu rechnen?

    Ben Lipps: Nachdem wir mit der Behandlung der ersten Patienten begonnen und die Einführung der urologischen Zentren abgeschlossen haben, befinden wir uns derzeit noch in der ersten Phase unserer Studie. Demnach sind wir mit unserem Zeitplan drei bis vier Monate in Verzug. Der Grund dafür ist, dass wir heute – im Gegensatz zu den Behandlungen, die in Deutschland vor mehr als zehn Jahren durchgeführt wurden – unsere NanoTherm Partikel nicht mehr in die gesamte Prostatadrüse einbringen, sondern nur in die kleineren Läsionen. Während dieser Behandlungen im Rahmen der Studie konnten wir bisher zeigen, dass die NanoTherm Partikel durch diese minimalinvasive Therapie sehr präzise in den angestrebten Behandlungsbereich eingebracht werden können. 

    Dennoch haben wir gesehen, dass es sinnvoll ist, hier einen standardisierten Prozess einzuführen, um sicherzustellen, dass die Einbringung der Partikel von allen Studienärzten einheitlich durchgeführt wird. Dadurch beschleunigen wir dann auch die zweite Phase der Studie und gewährleisten eine qualitativ hochwertige Behandlung.

    In den USA läuft MagForce den eigentlichen Zeitplanungen in der Behandlung von Prostatakrebs also etwa drei bis vier Monate hinterher. Gibt es Chancen, die Verzögerungen noch aufzuholen und nicht erst Anfang des kommenden Jahres mit der Vermarktung zu beginnen?

    Ben Lipps: Ich denke nicht, dass es realistisch ist, dass wir die NanoTherm Therapie in den USA noch 2019 auf den Markt bringen werden. Bedenken Sie bitte, dass es das erste Mal ist, dass so ein innovativer, fokaler Behandlungsansatz zur Zerstörung der Prostatakrebsläsionen an Patienten in den USA getestet wird. Wie eben erklärt, wurde in früheren Studien in Deutschland vor über 10 Jahren die Behandlung der gesamten Prostatadrüse vorgenommen – ein Ansatz, der sehr viel invasiver und unangenehmer für die Patienten ist. Da dies die erste Anwendung der NanoTherm Therapie direkt am Wirkort ist, was die präzise Applizierung der Partikel in die mutmaßlich krebsartige Region – die Läsion – verlangt, trägt MagForce eine große Verantwortung, sorgfältig vorzugehen. Dieser Prozess kann und sollte im Interesse der Ärzte und vor allem der Patienten nicht vorschnell betrieben werden. 

    In Europa sieht MagForce sehr unterschiedlich groß ausfallendes Interesse an der NanoTherm Therapie? Worauf ist es zurückzuführen, dass ein Großteil der Patientenanfragen vor allem aus Polen kommt? Und warum ist das Interesse in vielen anderen Ländern vergleichsweise niedrig?

    Ben Lipps: Die Gesundheitssysteme und der Zugang der Patienten zu innovativen Behandlungsoptionen unterscheiden sich in den einzelnen europäischen Ländern stark. Als wir Ende 2015 und Anfang 2016 begonnen hatten, Patienten in Deutschland kommerziell zu behandeln, beobachteten wir sofort ein gesteigertes Interesse an der Therapie von Patienten in Polen. Diese Patienten sind es gewohnt, proaktiv nach dem Zugang zu neuen Behandlungsmöglichkeiten zu suchen und gehen dabei selbstbestimmt und individualistisch vor. Sie ergreifen die Initiative und organisieren sich in Patientenprogrammen; oft werden Crowdfunding-Kampagnen eingerichtet, um für die Behandlung zu zahlen. Das bedeutet auch, dass sie über geografische Grenzen hinweg schauen, wo sie die bestmögliche Behandlung erhalten. Eine ähnliche Selbstbestimmung der Patienten erlebt man in Italien und Spanien, Länder, die wir daher als unsere nächsten Zielmärkte identifiziert haben. 

    Sie befinden sich in Deutschland mit zwei Kliniken in Verhandlungen, berichten aber von "Komplexität der jeweiligen Compliance-Richtlinien". Was bereitet konkret diese Schwierigkeiten, und wann dürfen Ihre Aktionäre mit Ergebnissen der Verhandlungen rechnen?

    Ben Lipps: Die Herausforderung liegt in den unterschiedlichen logistischen Anforderungen und Baugenehmigungen, um in den jeweiligen, spezialisierten Zentren einen NanoActivator aufzustellen. Die Bestimmungen sind nahezu einzigartig für jede Klinik und erfordern eine gewisse Vorlaufzeit, die nicht immer planbar ist. Zu den regulatorischen Spezifikationen für die Bereitstellung der Geräte kommt hinzu, dass es in den Kliniken auch viele interne Richtlinien für Kooperationen mit Behandlungsanbietern wie MagForce gibt. Jeder Vertrag muss individuell mit dem jeweiligen Krankenhausbetreiber verhandelt werden, und es muss sichergestellt sein, dass die speziellen Gesetze und Richtlinien mit den unterschiedlichen rechtlichen Bestimmungen vereinbar sind.

    Werden Sie versuchen, die Zahl der Behandlungszentren und Partnerkliniken für NanoTherm schneller als bisher auszubauen? Wenn ja, mit welchen Maßnahmen?

    Ben Lipps: Ziel unseres europäischen Roll-Out-Planes ist es, Behandlungszentren in ausgewählten europäischen Ländern einzurichten, um Patienten die Möglichkeit zu geben, in ihrem Heimatland behandelt zu werden. Darum – und um die zuvor erwähnten Bestimmungen der Kliniken zu adressieren – haben wir ein mobiles NanoActivator Behandlungszentrum entwickelt, das leichter in die Infrastruktur der Krankenhäuser integrierbar ist. Wir werden unsere NanoActivator Geräte strategisch und geografisch so positionieren, dass wir den größtmöglichen Mehrwert für die Patienten erreichen. Das bedeutet auch, dass nicht jedes Zentrum über ein eigenes NanoActivator Gerät verfügen muss. Patienten können die Partikel von ihrem behandelnden Neurochirurgen verabreicht bekommen und dann unkompliziert für verhältnismäßig kurze Behandlungssitzungen zum nächstmöglichen Zentrum mit einem Gerät überwiesen werden.

    Das Thema Kostenerstattungen der NanoTherm-Behandlungen durch Krankenkassen ist seit Jahren ein Dauerbrenner. In unserem letzten Gespräch Anfang 2018 hatten Sie gerade den Aufbau eines Vertriebsteams in Europa bekannt gegeben, um den Erstattungsprozess in Deutschland und Europa voranzutreiben. Wie sind Sie seitdem vorangekommen?

    Ben Lipps: Jetzt, wo wir in unserem europäischen Roll-Out-Plan unserer NanoTherm Therapie entscheidende Fortschritte gemacht haben, ist es wichtig, unser Vertriebsteam in unseren Zielmärkten und auch in Deutschland zu stärken. Dieses Team leistet herausragende Arbeit und harmoniert in enger Zusammenarbeit mit einer großen Anzahl an Ärzten und unterstützenden Behandlungszentren gut mit dem Markt. Sie haben außerdem unsere erste „NanoTherm Therapy School“ ins Leben gerufen, ein Anwendungstraining in drei aufeinander aufbauenden Modulen, das darauf abzielt, Chirurgen in der Anwendung unserer innovativen Therapie zu zertifizieren. Das ist sehr gut angenommen worden.

    Aber lassen Sie mich noch einmal zum aktuellen Status der Erstattung zurückkommen. Wie wir zuvor schon gesagt haben, wurde die Erstattung in Deutschland bisher in einem langwierigen Prozess für jeden Patienten und Fall individuell erwirkt. Nun verfügen wir über ausreichend Fälle, dass die Behandlungszentren in der Lage sind, ihre Budgets mit den Krankenkassen zu verhandeln. Diese Verhandlungen laufen derzeit, und wir unterstützen die Kliniken in jeder Hinsicht, um das bestmögliche Ergebnis zu erreichen und den Erstattungsprozess zu erleichtern.

    Die Analysten von GBC haben für 2020 bei MagForce einen deutlichen Umsatzanstieg und 2021 den Breakeven prognostiziert. Passt das zu ihrem „Fahrplan” für die kommenden beiden Jahre?

    Ben Lipps: Vorbehaltlich der Registrierung unserer Therapie durch die FDA und der erfolgreichen Markteinführung Anfang 2020 glauben wir, dass die NanoTherm Therapie als einzigartige fokale Behandlungsmöglichkeit großes Potential im vielversprechenden Prostatakrebsmarkt hat. Daher fühlen wir uns mit den Schätzungen des Analysten im Hinblick auf unsere Profitabilität wohl. 

    Sehen Sie für MagForce bis zum Breakeven zusätzlichen Finanzierungsbedarf über die liquiden Mittel und die Finanzierung der Europäischen Investitionsbank (EIB) hinaus?

    Ben Lipps: Über die letzten zwei Jahre haben wir erfolgreich die Finanzierung gesichert, um MagForce durch entscheidende Wertsteigerungspunkte zu führen und unsere Strategie umzusetzen. Darüber hinaus gewährt uns die EIB-Finanzierung die finanzielle Flexibilität, um unsere Ziele zu erreichen. Dennoch würde ich finanzielle Transaktionen nie rigoros ausschließen, da wir, um erfolgreich operieren zu können, flexibel bleiben müssen und weiterhin alle Möglichkeiten in Betracht ziehen werden.

    Dieses Interview erschien bei 4investors, hier.




    Diskutieren Sie über die enthaltenen Werte


    Weitere Artikel des Autors


    Verfasst von wO Gastbeitrag
    MagForce: "Fühlen uns mit den Schätzungen des Analysten im Hinblick auf unsere Profitabilität wohl" Die Jahre 2019 bis 2021 werden für MagForce richtungweisend: Am Ende der drei Jahre soll der Sprung in die schwarzen Zahlen die Mühen belohnen, die man derzeit in Studien und Expansion steckt. MagForce-Chef Ben Lipps nimmt im Gespräch mit unserer …