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     1714  0 Kommentare Warum haben 30 Prozent überhaupt keine Ersparnisse?

    Die Studie der Ing Diba, die ich da neulich gelesen haben, schockiert wirklich. Darin heißt es, dass Deutschland unter dreizehn europäischen Staaten den zweithöchsten Anteil an Menschen ohne jegliche Ersparnisse aufweist. Deutschland steht damit gleich hinter Rumänien.

     

    Und es kommt noch schlimmer, denn fast jeder dritte Deutsche gibt in der der Studie zugrundeliegenden Umfrage an, am Ende des Monats nichts zurücklegen zu können.

     

    Da kann ich ja glücklich sein, Ihnen diese Kolumne am Monatsanfang zu präsentieren. Würde ich sie nämlich am Monatsende schreiben, würde jeder Dritte, der sie liest, rein statistisch bereits ein beinahe leeres Portemonnaie haben.

     

    Das macht zwar der Kolumne nichts, weil die ja nichts kostet, doch das wäre schon ein komisches Gefühl.

     

    Ein komisches Gefühl habe ich jetzt auch stets, wenn ich vor dem Supermarkt die Rumänen betteln sehe. Da denke ich dann: Wartet ab, bald kommen wir. Und holen uns unser Terrain zurück.

     

    Doch wie kann es zu so einem Desaster kommen? Wie kann der Exportweltmeister und das reichste Land Europas so ein Fiasko erzeugt haben? Wir leben ja nicht in Kriegszeiten, sondern sogar in enormer wirtschaftlicher Prosperität.

     

    Natürlich, in den 80er Jahren und teilweise auch in den 90ern, da hatten wir zweistellige Arbeitslosenraten. Und von der staatlichen Hilfe kann wirklich niemand etwas zurücklegen. Doch mittlerweile hat sich die Arbeitslosigkeit halbiert.

     

    Natürlich sind auch unsere Löhne nicht durchweg gut und natürlich gibt es eine Zweiteilung der Gesellschaft. Doch so ein Fiasko? Vor allem angesichts der Tatsache, dass der Staat heute ja beinahe alle Ausgaben massiv bezuschusst.

     

    So haben wir ja im Grunde genommen gar keine Rentenversicherung und gar keine Krankenversicherung mehr, und eine Pflegeversicherung schon gar nicht, weil hier die Beiträge viel zu niedrig liegen, um die Ausgaben zu decken. Das alles erledigt der Staat durch massive Zuschüsse, die mittlerweile zum größten Posten des Bundeshaushaltes geworden sind.

     

    Und trotzdem hat jeder Dritte am Monatsende keine Puseratze mehr. In der Studie erklären 63 Prozent ein zu geringes Einkommen als Grund dafür, und nur jeweils rund zehn Prozent geben unerwartete Ausgaben oder Ausgaben für Dinge an, die nicht zum Grundbedarf gehören.

     

    Ich habe da einen anderen Verdacht. Mir scheint das Unvermögen zu sparen das Spiegelbild der cleveren Unternehmen abzugeben, gerade derjenigen im Bereich der neuen Technologien. Denn wenn die Menschen sich hier genauso verhalten wie im Supermarkt, wo ich schon immer mit staunenden Augen beobachte, dass eigentlich kaum jemand auf das Preisschild schaut, bevor er eine Ware in seinem Wagen packt, dann gute Nacht. Dann sind die 30 Prozent noch ein guter Wert.

     

    Gerade bin ich selbst von einem Technologieunternehmen über den Löffel gezogen worden, doch zum Glück gibt es ja die Möglichkeit des Rücktritts vom Kaufvertrag. Wahrscheinlich bleibe ich nur mit einem Zehner hängen. Das freut mich sogar fast, denn vielleicht kann ich so etwas zur Verbesserung der Situation beitragen.

     

    Denn ich hoffe sehr, sie werden sich den in den Hintern schieben. Bevorzugt quer.

     

     

     

     

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Warum haben 30 Prozent überhaupt keine Ersparnisse? Wie ist so ein Fiasko möglich?