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    ROUNDUP/Cum-Ex-Steuerdeals sorgen für Wirbel  488  1 Kommentar Verjährung statt Bestrafung?

    DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Die umstrittenen Cum-Ex-Steuerdeals mit mutmaßlichem milliardenschweren Steuerbetrug schlagen auch Jahre später noch hohe Wellen. Die Opposition im NRW-Landtag warf der schwarz-gelben Regierung am Montag Verfehlungen vor - nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty setzt die Regierung falsche Prioritäten, die zu knappem Personal bei der Aufklärung von Cum-Ex-Sachverhalten und drohender Verjährung erster Fälle geführt hätten. Das Finanzministerium wies den Vorwurf zurück - Hinweise auf eine drohende Verjährung habe man nicht.

    SPD-Mann Kutschaty hält es für unangemessen, dass das Land an Wochenenden mit mehr als 1000 Beamten gegen Shisha-Bars und deren mutmaßlichen Steuerbetrug vorgehe - so eine Prioritätensetzung habe "populistischen Charakter", monierte Kutschaty. Der Fokus müsse stattdessen auf "Cum ex" liegen, dem "größten Steuerraub der Geschichte unseres Landes".

    Laut WDR und "Süddeutscher Zeitung" haben Personalengpässe bei den Behörden dazu geführt, dass die Berge an Cum-Ex-Fällen auch Jahre später noch nicht abgearbeitet wurden - zentraler Zeitraum war von 2008 bis 2011. Nun drohe in einigen Fällen Verjährung. Das wäre aus Sicht von Kutschaty ein "Riesen-Skandal". Die Grünen sahen es ähnlich. Deren haushaltspolitische Sprecherin Monika Düker sagte, es wäre der Öffentlichkeit nicht vermittelbar, wenn die Steuerbetrüger straffrei blieben wegen Personalmangels in Behörden. Der Linken-Bundestagsabgeordnete Fabio De Masi sagte, eine Verjährung würde "das Vertrauen in den Rechtsstaat massiv beschädigen".

    Bei Cum-Ex-Geschäften schieben Investoren rund um den Dividendenstichtag Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch zwischen Beteiligten hin und her. Am Ende ist dem Fiskus nicht mehr klar, wem sie überhaupt gehörten. Die Folge: Finanzämter erstatten Kapitalertragsteuern mehrfach, obwohl die Steuer nur einmal gezahlt wurde. Ob das illegal war, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. Der Schaden zulasten des Staates soll in die Milliarden gehen. 2012 wurde den Cum-Ex-Deals mit einer Gesetzesänderung endlich der Riegel vorgeschoben.

    Der Bund deutscher Kriminalbeamter (BdK) hält die Cum-Ex-Geschäfte für "das größte Wirtschaftsverbrechen der Nachkriegsgeschichte". BdK-Chef Sebastian Fiedler appellierte an die Landesregierung, dringend Personal aus anderen Bereichen abzuziehen und auf das Thema anzusetzen. Mindestens 30 bis 40 hoch spezialisierte Steuerfahnder fehlten, um den Berg an Verfahren zu bewältigen.

    "Einige Verfahren konnten noch gar nicht angepackt werden - wenn da Tatbestände aus dem Jahr 2008 dabei sein sollten, haben wir Verjährungsprobleme", warnte Fiedler. ""Cum ex" muss absolute Priorität haben - das hat die Landesregierung bislang vermissen lassen", monierte er. "Notfalls müssen andere Dinge erstmal liegenbleiben, damit man bei "Cum ex" endlich vorankommt."

    Und wie reagierte die Regierung? Gelassen. Das Finanzministerium betonte, die Bekämpfung von Steuerhinterziehung habe "einen hohen Stellenwert innerhalb des Aufgabenkatalogs der Landesregierung". Der Personaleinsatz spezialisierter Mitarbeiter sei in diesen hoch komplexen Fällen immer angemessen gewesen - es sei "hervorragende Arbeit geleistet" worden.

    Droht denn eine Verjährung - könnten mutmaßliche Steuersünder also schadlos davonkommen? Es seien keine Hinweise auf eine drohende Verjährung einzelner Sachverhalte bekannt, so das Ministerium. Die zehnjährige Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall könnte durch eine Unterbrechung - etwa eine Durchsuchung - auf bis zu 20 Jahre verlängert werden.

    BdK-Chef Fiedler wies aber darauf hin, dass dies nur für die Verfahren gelte, die schon in Bearbeitung seien und eben nicht für die zahlreichen Verfahren, bei denen aufgrund der Personalnot noch gar nicht mit den Ermittlungen begonnen werden konnte.

    NRW spielt bei "Cum ex" eine Schlüsselrolle. In Bonn sitzt das Bundeszentralamt, das die Steuern erstattete. Zudem ist die Kölner Staatsanwaltschaft die federführende Strafverfolgungsbehörde.

    Immerhin eine positive Nachricht: Laut WDR und "Süddeutscher Zeitung" soll die erste Anklage zu Cum-Ex bald zugestellt werden - damit wäre ein kleiner Schritt nach vorne gemacht am Bonner Landgericht. Ein Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft wollte dazu nichts sagen./wdw/DP/he





    dpa-AFX
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