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    Österreichische Schule  9274  6 Kommentare Geldrevolution: Inwieweit sind Politiker der Nationalstaaten unfähig, mit Geld umzugehen?

    "Entnationalisierung der Währungsordnung", "Angriff auf die nationalen Geldmonopole", "herrschende Geldunordnung" und "sozialistische Deformation der Wirtschaft" - Stichworte, die die brisanten Themen der Währungskonferenz 2019 der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft grob umschreiben. Tatsächlich läuft gerade eine hochaktuelle Diskussion um die Zukunft des Geldes, die besonders durch den Boom der Kryptowährungen an Fahrt gewinnt. Ralf Malisch, erfahrener Fachredakteur der wallstreet:online-Partnerredaktion Smart Investor, hat sich das genauer angesehen:

     

     

    Triebfeder Technologie

    Unter dem etwas sperrigen Titel „Wie weit sind wir auf dem Weg zur Entnationalisierung der Währungsordnung?“ fand die Währungskonferenz 2019 am 12.10. in Düsseldorf statt. Tatsächlich passiert rund um das Geldwesen derzeit Revolutionäres – und das nicht erst, seit Facebook mit seiner geplanten Hauswährung Libra an die Öffentlichkeit drängte. Schon die Finanzkrise des Jahres 2008 erwies sich als unfreiwilliger Geburtshelfer des Bitcoin und vieler weiterer Kryptowährungen. Wurde die Kryptoszene anfangs noch belächelt, hat sich das Thema inzwischen bis in den Mainstream vorgearbeitet. Hier findet, getrieben durch eine sprunghafte technologische Entwicklung, bereits jene Entnationalisierung der Währungsordnung statt, deren theoretische Grundlagen Friedrich August von Hayek schon vor mehr als vier Jahrzehnten legte. Ein Ende dieser Entwicklung – Lesen Sie hier das Smart Investor-Interview zum Stichwort "Tokenisierung" – ist nicht absehbar.

    Der Angriff auf die nationalen Geldmonopole war so unerhört und unerwartet, dass viele Gesetzgeber sichtlich Mühe hatten bzw. noch immer haben, das Phänomen richtig einzuordnen. Die bloße Existenz von Bitcoin & Co. zeigte vielen Otto Normalgeldnutzern erstmalig, dass staatliche Fiatgelder wie US-Dollar oder Euro weder gottgegeben noch unentrinnbar sind. Eine Marktkapitalisierung des gesamten Kryptouniversums von aktuell rund 200 Mrd. USD ist zudem ein Indiz für einen echten Bedarf an Alternativen.

    Überwältigende Anreize

    An dieser Entwicklung sind die staatlichen Betreiber der aktuellen Fiatgeldsysteme alles andere als unschuldig. So verwies S.D. Prinz Michael von und zu Liechtenstein in seinem Eingangsreferat auf die staatlichen Bemühungen, das Geldwesen zu monopolisieren, um es für die eigenen Interessen zu nutzen. Als besonders negativ bewertete er die Politisierung des Geldwesens. In den Notenbanken sind die bescheidenen „boring bankers“ einer neuen Spezies gewichen, den von den Medien hofierten „Superstars“. Entsprechend rückt auf den EZB-Chefsessel, die wichtigste Position in der EU, mit Christine Lagarde eine Vollblutpolitikerin. Der Populismus und der übermäßige Wohlfahrtsstaat werden also noch weiter getrieben. Der Anreiz für die Suche nach Geldalternativen wird daher hoch bleiben.

    Staatliche Geldunordnung

    Stefan Kooths, frisch gebackener Chef der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft, sprach gar von einer herrschenden Geldunordnung. Die Notenbanken seien durch die Vielfalt der Aufgaben überfordert: Geldwertstabilität, Konjunktursteuerung, Stabilisierung der Wirtschaft, Verhinderung von Staatsbankrotten. Das Hauptproblem des aktuellen Geldsystems sei jedoch dessen Fragilität. Mit seiner Analyse unterstreicht Kooths die populäre Einschätzung, wonach der Staat mit Geld nicht umgehen könne. Genauer gesagt ist die Politik unfähig, verantwortungsvoll mit den Freiheitsgraden umzugehen, die ihr ein selbst kreiertes, durch nichts gedecktes Monopolgeld bietet.

    Staatliche Alternativgelder

    Daher laufen solche Papiergeldwirtschaften auch mit schöner Regelmäßigkeit in die Schuldenfalle. Eine Geldalternative, mit der sich die Politik gleichsam selbst – aber nur vorübergehend – aus dem eigenen Sumpf zieht, stellen staatliche Notgelder dar. Zwar ist das Thema Mini-Bots mit dem Regierungswechsel in Italien erst einmal wieder von der Tagesordnung verschwunden; doch etwas gänzlich Neues sind solche Notgelder nicht. Als beispielsweise Kalifornien zahlungsunfähig wurde, führte es mit den IOUs („I owe you“ = „Ich schulde Dir“) ein eigenes schuldscheinbasiertes Notgeld ein. Das grundsätzliche Konzept werde wohl weiter Schule machen, zeigte sich Prinz Michael überzeugt.

    Missbrauchtes Vertrauen

    Da die zentralen politischen Institutionen das in sie gesetzte Vertrauen allerdings immer wieder missbraucht haben, ist die Hinwendung der Geldnutzer zu einer dezentralen, kaum zu manipulierenden Technologie wie der Blockchain nur konsequent. 

    Der Versuch, diese zu kriminalisieren, dient lediglich dem Schutz des Geldmonopols. Welche Bedeutung dem Thema zukommt, sei Prinz Michael im Jahr 2013 klar geworden, als der damalige US-Finanzminister eine halbe Stunde eines 45-minütigen Vortrags darauf verwendete, vor den Gefahren der Kryptowährungen zu warnen. Besonders interessant für geldpolitische Entwicklungen ist Afrika: Dort besitzen die meisten Menschen zwar kein Bankkonto, wohl aber ein Handy, das die 24/7-Teilnahme an einem digitalen Geldsystem ermöglicht. Der Vorteil sei, dass hier beginnend von null etwas Neues aufgebaut werden könne – ohne vergleichbare Widerstände einer bestehenden Geldordnung.

    Macht, nicht Vernunft

    Das Monopol des Staates über das Geld entspringe nicht ökonomischer Vernunft, sondern sei machtmotiviert, wie Degussa-Chefvolkswirt Dr. Thorsten Polleit ausführte. Der Staat habe sich das im Markt entstandene Geld durch Zwang und Gewalt angeeignet. Würde man den Wettbewerb wieder zulassen, lasse sich a priori zwar nicht sagen, welches Geld daraus hervorgehen werde – aber es wäre gutes Geld, da schlechtes Geld (Fiatgeld) nicht nachgefragt würde. Eine Zentralbank oder Aufsichtsbehörden benötigt man in einem freien Markt für Geld nicht. Auch die Boom-Bust-Zyklen würden enden, ebenso die einseitigen Umverteilungswirkungen durch Fiatgeld (von unten nach oben) und der Expansionsdrang des Staates, der zu einer sozialistischen Deformation der Wirtschaft geführt habe.

    Von der Theorie in die Praxis

    Um in die Praxis zu kommen, bedarf es laut Polleit nur vergleichsweise kleiner Änderungen: Es genügten ein Abbau bestehender rechtlicher Hürden, die Aufhebung der Privilegierung des Fiatgeldes und die Abschaffung der Steuern auf Geldprodukte. All das setze freilich voraus, dass der Gesetzgeber den Geldwettbewerb auch wolle. Der Staat aber ist Hauptprofiteur des herrschenden Geldsystems. Den optimalen Währungsraum muss man laut Kooths ohnehin größer, also jenseits der nationalen Gesetzgeber denken: Er umfasst, wie schon beim Goldstandard, die gesamte Welt.

    Fazit

    Nach Einschätzung von Dr. Thorsten Polleit ist das Konzept des freien Geldes viel zu gut, als dass man es sich leisten könnte, darauf zu verzichten. Auch ist dies nicht utopisch, denn Geld war ein Produkt des Marktes und kann es nach Einschätzung von Stefan Kooths jederzeit wieder werden. Wer tiefer in die Materie einsteigen möchte, dem sei der YouTube-Kanal der Friedrich A. von Hayek-Gesellschaft empfohlen, auf dem alle Vorträge in Kürze abrufbar sein werden.

    Autor: Ralph Malisch / Smart Investor




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