„Pauschale Risikoabschläge bei allen Werten“ – Börsenspezialist Dirk Schneider beantwortet Leserfragen (FAQ) in der Corona-Krise
In Zeiten von Corona sind viele Dinge anders als sie vorher waren, so auch am Kapitalmarkt. Unzählige Investoren sind verunsichert und mit der aktuellen Situation überfordert. Zahlreiche
Fragen von Anlegern zum übergeordneten Thema „Anleihen“ sind auch bei der Anleihen Finder Redaktion eingegangen. Gemeinsam mit
Börsenhändler und Anleihen-Experte Dirk Schneider von der Walter
Ludwig GmbH Wertpapierhandelsbank in Frankfurt am Main haben wir diese Fragen für Sie gefiltert, zusammengefasst und beantwortet.
„Phänomen einer echten Krise“
Leserfrage: Warum fallen auch Kurse von Unternehmen, deren Geschäftstätigkeit überhaupt nicht von der Corona-Pandemie betroffen ist?
Dirk Schneider: Das ist grundsätzlich ein Phänomen von einer echten Krise. In solch einer panischen Marktphase achtet niemand mehr auf fundamentale Daten oder Geschäftsmodelle, sondern es werden pauschal Risikoabschläge bei allen Werten eingepreist. Erst wenn später wieder „Normalität“ herrscht wird zu beobachten sein, dass zu Unrecht abgeschlagene Anleihen sich schneller wieder erholen werden als Anleihen von tatsächlich ungesunden oder stark angeschlagenen Unternehmen. Zudem wird oft aufgrund dringend benötigter Liquidität, vieles was eigentlich solide ist, dennoch zwanghaft liquidiert, um entweder Kredite zu bedienen oder um die laufenden Kosten bezahlen zu können. Da ist es dann auch egal wie es aktuell um den jeweiligen Emittenten tatsächlich bestellt ist.
Leserfrage: Welche Anleihen sind derzeit besonders nachgefragt? Welche werden extrem stark abgestoßen?
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Dirk Schneider: Auch der Anleihemarkt kommt in der momentanen Situation stark unter die Räder. Aktuell sehen wir starke Verwerfungen in den kurzen Laufzeiten und bei Nachranganleihen. Das Problem bei den Kurzläufern ist sicherlich die kurzfristige Liquiditätsbeschaffung der Anleger. Bei Nachranganleihen muss man ganz klar den Risikoaspekt bewerten. Denn bei eventuellen Staatsbeteiligungen oder gar Staatsübernahmen können unter bestimmten Voraussetzungen Nachranganleihen nichts mehr wert sein. In diesen Bereichen sehen wir aktuell die größten Handelsaktivitäten der Inverstoren.