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     3089  0 Kommentare Die Große Zinsanomalie

    Wenn die Zinsen steigen, so steht es in den Lehrbüchern, dann geht die Kreditnachfrage zurück und die Wirtschaft wird gebremst. Das Beste, was man mit Lehrbüchern tun kann, ist, sie nach ausführlichem Studium zu verbrennen. Das kann gerade in der Vorweihnachtszeit sehr besinnlich sein.

    In den USA ist gerade das Gegenteil davon der Fall: Die Zinsen steigen deutlich, doch die Kreditnachfrage wächst ebenso. Ich sehe zwei Gründe: Erstens befinden sich die Risikoaufschläge aufgrund der Totenstille an den Welt-Finanzmärkten auf historischem Low, so dass sich die tatsächlichen Kreditbedingungen trotz steigender Zinsen für viele Nachfrager sukzessive verbessert haben.

    Und ich sehe von Bethmanns „Zinstrend-Theorie“. Bethmann sagt: „Steigende Zinsen, sind niedrige Zinsen.“ Wem angedroht wird, dass ihm die Flasche entzogen wird (egal, ob Baby, Alkoholiker oder Finanzvorstand), der nimmt noch einmal einen dicken Schluck aus der Pulle. Wer wirklich bremsen will, muss einen großen Zinsschritt machen – und danach eine mögliche Lockerung in den Raum stellen.

    Und was mir noch aufgefallen ist: Der Neuseeland-Dollar ist noch stärker als der Euro – und trotzdem hat es dort in diesem Jahr keine sinkenden Zinsen gegeben wie im Euro-Raum. Ein 6%er der Landwirtschaftlichen Rentenbank bis 2007 gibt es für einen Kurs von deutlich unter 99. Eine so starke Währung mit so guten Renditen gibt es auf der ganzen Welt derzeit wohl kein zweites Mal.


    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Die Große Zinsanomalie Wenn die Zinsen steigen, so steht es in den Lehrbüchern, dann geht die Kreditnachfrage zurück und die Wirtschaft wird gebremst. Das Beste, was man mit Lehrbüchern tun kann, ist, sie nach ausführlichem Studium zu verbrennen. Das kann gerade in …