Bestürzung im Börsengeflüster
Kion-Aktie crasht nach Schock-Meldung: Gewinneinbruch in Millionenhöhe erwartet
Kion kündigte einen millionenschweren Verlust an, daraufhin rauschte die Aktie auf ein Allzeittief. Bietet der Kursverlust eine gute Gelegenheit, bei Kion einzusteigen? User-Meinungen im w:o-Börsengeflüster!
Der Logistik-Ausrüster Kion rechnet mit einem heftigen Gewinneinbruch. Das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) werde um 200 bis 310 Millionen Euro unter dem Vorjahresniveau liegen, teilte Kion am Dienstagabend mit. Prompt crashte der Aktienkurs am Donnerstagmorgen auf ein Allzeittief. Mit einem Wert von unter sechs Euro pro Aktie rauschte sie seit Dienstag um 30 Prozent in die Tiefe und liegt fast 76 Prozent unter ihrem Allzeithoch von November 2021.
Die hohe Inflation, gestiegene Materialkosten und Löhne sowie Lieferengpässe setzen den weltweit größten Gabelstapler-Hersteller unter Druck, wie das Handelsblatt berichtet. Er kann laut Vertragsvereinbarung die erhöhten Kosten für seine langfristigen Aufträge nicht an seine Kunden weitergeben. Das bricht dem Unternehmen das Genick – es schätzt den so entstehenden operativen Verlust auf bis zu 190 Millionen Euro.
Während der Corona-Pandemie hat der Logistik-Hersteller starke Gewinne generiert und viele neue Kunden hinzugewonnen. Der Onlinehandel boomte und im Zuge dessen investierten viele Unternehmen in den Ausbau und in die Automatisierung ihrer Lagerhäuser und Lieferabläufe. Noch im März rechnete Kion mit einem Ebit in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro. Als Zukunftsgeschäft des Unternehmens gilt die Warenhausautomation ("Supply Chain Solutions"), welche Sortiersysteme und Lagersysteme automatisiert und effizienter gestaltet.
Unbeirrt von der Gewinnwarnung hat die Schweizer Großbank ihre Einstufung für Kion auf "Buy" belassen. Sie setzt das Kursziel für die nächsten zwölf Monate auf 75 Euro. Analyst Sven Weier schreibt, dass die für das laufende Jahr in Aussicht gestellte Ebit 60 Prozent unter dem Analystenkonsens liegt.
Bleibt es also beim Schockmoment? Ist der Wertverlust nur vorübergehend und hat die Aktie eigentlich Zukunft? Das meinen unsere w:o-User:
Dreiseitensteak: Ich habe wieder nachgelegt. Die Gewinne heute waren schon exorbitant 🙈 ich halte es kaum aus. [...] Alle Aktionäre, die in den letzten 8 Jahren investiert haben, stehen mit ihren Invests im Verlust [...]. Das muss man sich mal vorstellen, dass Kion [...] noch vor ein paar Monaten bei 100 Euro stand. Und nun steht der Kurs im Bereich der Neuemission und im ersten Unterstützungsbereich vor dem bullischen Ausbruch Richtung 80 Euro. Alles weg. Der Börse sei Dank […] Ich stehe jetzt ca. 5% im Minus… dachte, es dreht und tat es nicht, sowas kommt vor [...].
aufgepasst: [...] Ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, [um bei Kion einzusteigen], oder vielleicht nächstes Jahr, wird sich zeigen. Dann könnte sich die Auftragslage weiter verschlechtert [haben] und [es werden] im ganzen Jahr Verluste erwartet. Am Anfang der Rezession ist meist nicht das beste Timing, um Aktien bei Maschinenbauern zu kaufen.
Informierer: Binnen eines knappen Jahres um fast 80 Prozent gefallen. Sehr heftig. Und das in einem Zukunftsmarkt. Da gibt es andere Unternehmen in diesem makroökonomischen Umfeld mit ähnlichen Abstürzen [...], deren Kurse nur um rund 50 Prozent gefallen sind. Sicher kommt hier noch das Hausgemachte hinzu, sprich die Verträge ohne Preisanpassungen. Der adhoc ist zu entnehmen, daß die langfristigen Verträge sechs bis 24 Monate laufen und seit 2022/Q2 Preisklauseln aufgenommen werden. Was zumindest besser klingt, als wenn diese Verträge fünf bis zehn Jahre liefen – oder durchschnittlich drei Jahre – und man erst jetzt, kurz vor Q4, solche Klausen einarbeitet. Allerdings dürfte diese Problematik [ohnehin] ein paar Quartale, hoffentlich abnehmend, belasten - insbesondere wenn die Inflation hoch bleibt.
Grish: Tja, das fällt dann wohl in die Kategorie "zu früh". Ich denke, es kommt auf den Zeithorizont an, den man hat. Mal schauen, ob wir die 20 noch sehen. Letztendlich ist das Geschäftsmodell nach meiner Einschätzung eigentlich intakt. Es sind nur bestehende Verträge als Logistikdienstleister, die unter ganz anderen Voraussetzungen abgeschlossen wurden und jetzt durch die höheren Kosten auf breiter Front nicht mehr rentabel sind. Ist ein bisschen so wie bei den langfristigen Gasverträgen der Stadtwerke gegenüber Uniper. Es wird wahrscheinlich etwas dauern, bis die Altverträge angepasst werden können. Kion wird dem wahrscheinlich stärker ausgesetzt sein als z.B. Jungheinrich wegen der größeren Dienstleiste-Ausrichtung. Auf längere Sicht könnte das aber durchaus interessant werden. Aber ich warte erstmal ab, wie das nächste Quartal aussieht, bevor ich nachkaufe.
Bis zum nächsten Börsengeflüster!
Autorin: Sarah Stemper, wallstreet:online Zentralredaktion mit dpa-AFX