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    Wöchentlicher Marktkommentar  1376  0 Kommentare Für den Euro bleibt der Weg nach oben steinig

    Umschuldung, sanfte Umschuldung, Neuprofilierung – die benutzten Vokabeln für mögliche Maßnahmen in der griechischen Schuldenkrise sind in den vergangenen Tagen deutlich mehr geworden. Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Euro-Gruppe, hatte am Montag erstmals von einem „Reprofiling“ gesprochen. Damit würde der Nominalwert der griechischen Anleihen nicht verändert, allerdings ihre Laufzeiten verlängert. Rein technisch gesehen wäre dies kein Zahlungsausfall, und die Anleihen, die zum Beispiel in den Bilanzen von Banken und Versicherern stehen, müssten nicht unter Nominalwert abgeschrieben werden. Zudem würden keine Zahlungen für die Kreditausfallversicherungen CDS (Credit Default Swaps) fällig, da auch das Versicherungsereignis nicht eingetreten wäre. Aus Sicht der Gläubiger wäre dies dennoch ein so genanntes Kreditereignis – denn was, wenn nicht das unpünktliche Bedienen von Krediten, sollte dies sonst ausmachen.

    Das Ergebnis wäre also eine typisch europäische Zwischenlösung: Wasch mich, aber mach mich nicht nass! Dass eine Neuprofilierung nur ein weiterer Schritt in der Salamitaktik der europäischen Verantwortlichen ist, sollte klar sein. Eine solche Maßnahme würde aber den Banken nicht wirklich wehtun–daher wäre die Europäische Zentralbank (EZB) dafür zu gewinnen; der Druck auf Griechenland könnte verstärkt werden – das ist wichtig für die Euro-Gruppe. Und letztlich würde auch der griechische Staat profitieren, indem er erneut Zeit gewänne.

    Obwohl nun erstmals auch von offizieller Seite laut über eine Neustrukturierung der griechischen Schulden nachgedacht wird, hat das den Euro in seiner moderaten Erholung seit Wochenanfang kaum aufhalten können. Ein leichtes Minus gab es eher noch nach der Sitzung des Offenmarktausschusses der amerikanischen Federal Reserve (Fed), wo erstmals deutlich gemacht wurde, dass eine Straffung der US-Geldpolitik wieder eine Option für die Amerikaner ist. Infolgedessen fiel der Euro gestern Abend wieder bis auf fast 1,42 US-Dollar und auch heute Morgen tendierte er nach einem deutlichen Ausreißer nach oben wieder in Richtung dieser Marke.

    „Die Bewegungen des Euro zeigen zweierlei“, sagt Torsten Gellert, Managing Director von FXCM Deutschland. „Einerseits haben die Märkte eine griechische Umschuldung zumindest teilweise bereits eingepreist und reagieren wieder stärker auf Impulse wie die Fed-Sitzung. Andererseits bleiben sie aber auch wegen Griechenland und Portugal sehr nervös, wie die deutlichen Kursausschläge zuletzt belegen.“

    Gellert ist auf mittlere Sicht dennoch eher optimistisch für den Euro-Kurs: „Solange es keinen überraschend harten Schuldenschnitt Griechenlands gibt oder Spanien plötzlich große Probleme bekommt, werden die Märkte sich so schnell nicht mehr nachhaltig überraschen lassen“, schätzt der Experte. Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass Griechenland umschuldet, werde dies ohnehin ohne große Vorankündigung passieren: „Sobald die Details eines Schuldenschnitts verkündet wären, würden die Märkte sie sofort einpreisen“, so Gellert. „Es hat deshalb wenig Sinn, so etwas lange im Vorfeld anzukündigen.“

    Kurzfristig erwartet der Finanzexperte jedoch keinen solchen Schritt. „Selbst wenn es zu der so genannten Neuprofilierung kommen sollte, also der simplen Laufzeitverlängerung, würde das die Probleme der Griechen nicht lösen, sondern nur in die Zukunft verschieben. Diese sanften Maßnahmen sollten den Euro aber nicht übermäßig belasten. In den kommenden Wochen sollte der Euro eher an Wert gewinnen – auch wenn Anleger ständig mit deutlichen Schwankungen rechnen müssen, je nach aktueller Nachrichtenlage.“ 




    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
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