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    Wöchentlicher Marktkommentar  2452  1 Kommentar Die Euro-Zone vor der Zerreißprobe

    Der Wert des Euro notiert heute bei 1,415 US-Dollar und damit gut 15 Prozent über dem Kurs von vor einem Jahr, dem Beginn der Euro-Verschuldungskrise. Und obwohl der Kurs des Euro seit Anfang Mai unter Druck gekommen ist, muss die langfristige Aufwärtsbewegung noch nicht zu Ende sein. Als problematisch erweist sich dabei allerdings immer mehr die Zerrissenheit des Euro-Raums zwischen wohlhabenden und maroden Volkswirtschaften.

    Nur wenige Staaten wie die Niederlande, Finnland und Österreich gelten derzeit noch als ähnlich stabil wie Deutschland, dem der Ifo-Geschäftsklima-Index mit 114,2 Punkten für Mai zuletzt ein unerwartet gutes Wirtschaftsklima bescheinigte. In den europäischen Peripheriestaaten schwelt dagegen weiterhin die Schuldenkrise. Griechenland ist dringend auf die nächste Finanzspritze von EU-Gruppe und IWF angewiesen, sonst droht dem Land bereits Mitte Juli die Zahlungsunfähigkeit. In Spanien ist die Umsetzung der umfangreichen Sparpläne von Ministerpräsident José Luis Zapatero gefährdet, nachdem sich bei den Kommunal- und Regionalwahlen am vergangenen Sonntag in 11 von 13 Regionen die Opposition durchsetzen konnte. Am Freitag drohte die Ratingagentur Standard & Poor’s Italien, der drittgrößten Volkswirtschaft im Währungsraum, mit der Herabsetzung der Bonitätsnote, während Belgien Ähnliches durch die Ratingagentur Fitch fürchten muss. Von Portugal und Irland ganz zu schweigen. „Von der Schuldenkrise einzelner Euro-Staaten kann derzeit kaum mehr die Rede sein. Vielmehr steckt die Währungsunion in einer handfesten Krise“, so Torsten Gellert, Managing Director von FXCM Deutschland. 

    In den USA läuft derweil Ende Juni das zweite Quantitative-Easing-Programm aus. Die derzeit etwas besseren US-Wirtschaftsdaten legen nahe, dass es kein drittes Programm dieser Art geben wird. Möglicherweise könnte sogar noch dieses Jahr an der Zinsschraube gedreht werden. Marktteilnehmer gehen davon aus, dass der US-Dollar zulegen wird, sobald an den Märkten eine Fortsetzung der bisherigen ultralockeren Geldpolitik endgültig verworfen wird. „Mehr als eine symbolische Minimal-Anhebung der Leitzinses dürfte es in diesem Jahr jedoch nicht mehr geben“, so Gellert. „Zudem ist nicht klar, wie die US-Wirtschaft ohne das günstige Zentralbankgeld auskommen wird. Deshalb kann auch eine Fortsetzung des Quantitative-Easing-Programms noch einmal zum Thema werden.“

    „Mittelfristig, das heißt, bis im Spätsommer in den USA die Entscheidung für oder gegen eine Zinserhöhung beziehungsweise eine Fortsetzung des Quantitative-Easing-Programms gefallen sein wird, dürften Investoren zwischen Risikoaversion und Risikotoleranz schwanken und die Märkte keine klare Richtung finden“, erklärt Gellert. Interessant sei, dass der Goldpreis weiter von den Turbulenzen profitiere: Die Rücksetzer seien auch in schwachen Marktphasen überschaubar geblieben und die Aufwärtsbewegung intakt. Auf Euro-Basis erreichte Gold gestern Höchstwerte bei 1.087,84 Euro je Feinunze. Aber auch der Schweizer Franken, der nach wie vor als sicherer Hafen gilt, bleibt für Investoren attraktiv.  Vor dem Hintergrund der Schuldenkrisen in USA und Euro-Zone glänzt die Schweiz mit einer sehr niedrigen Staatsverschuldung von derzeit 38,2 Prozent. Hinzu kommen eine positive Wirtschaftdynamik und eine niedrige Inflation. Am gestrigen Handelstag sackte der Euro gegenüber dem Franken auf 1,2290 CHF ab ‒für den Euro ein Rekordtief seit seiner Einführung. „Trader, die ihre Long-Positionen in den Aktienindizes absichern möchten, sollten beispielsweise über Short-Positionen im EUR/CHF-Kurs nachdenken“, so der Devisenexperte.

    „Die Währungsmärkte sind momentan sehr nervös und der Euro spielt jede halbwegs offizielle Äußerung über den weiteren Verlauf der Verschuldungsproblematik mit“, sagt Gellert. „Solange jedoch nichts substanziell Neues zu berichten ist – und dazu zählt nicht die Tatsache, dass Griechenland seine Schulden nicht zurückzahlen kann –, dürfte das weitere Abwärtspotenzial für den Euro begrenzt sein.“ Eine grundlegend neue Situation ergebe sich erst, sobald klar sei, ob die Fed nachhaltig in den Zyklus steigender Zinsen einsteige oder nicht.„Die Eurokrise sorgt für ständig neue Themen und Volatilität, die große Richtung gibt aber die Fed, beziehungsweise die US-Wirtschaft, vor“, so Gellert. 




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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
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