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    EUR/USD  3013  0 Kommentare Wöchentlicher Marktkommentar: Die mächtigen ohnmächtigen Zentralbanken

    So deutlich wie Edouard Carmignac hat in den aktuellen Marktturbulenzen noch niemand gesagt, was er von der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet. Der französische Fondsmanager forderte in einem offenen Brief den scheidenden EZB-Chef Jean-Claude Trichet dazu auf, dass sein Institut den Leitzins sofort auf Null senken und den europäischen Banken unbegrenzt Liquidität zur Verfügung stellen solle.

    "Es war schon vor der EZB-Sitzung klar, dass Trichet nicht annähernd so weit gehen würde", sagt Tosten Gellert, Managing Director FXCM Deutschland. "Er hätte fast alle Handlungsmöglichkeiten der EZB ausgeschöpft und seinem Nachfolger eine dann fast handlungsunfähige Einheit übergeben. Mit dem Tabubruch des Ankaufs von Staatsanleihen durch die EZB seit Mai 2010 ist der Name Trichet ohnehin schon bekannt als der Präsident, der die Richtlinien des Instituts deutlich aufgeweicht hat, und wird als solcher in die Geschichtsbücher eingehen."In seiner vermutlich letzten Amtshandlung verkündete Trichet gestern einen Mittelweg: Der Leitzins bleibt bei 1,5 Prozent, dafür gibt es zwei neue Zuteilungen, bei denen die europäischen Banken unbegrenzt Liquidität anfordern können. Am selben Tag verkündete die englische Zentralbank BoE ein neues Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen (Quantitative Easing, QE), mit dem sie in vier Monaten 75 Mrd. Pfund in die britische Wirtschaft pumpen will.

    Während die EZB die Zinssenkungs-Erwartungen der Märkte damit nicht erfüllte, übertraf das Programm der BoE sogar die erwartete Summe von 50 Milliarden. Folgerichtig sank das Pfund auf ein neues Tief, während der Euro nach einem kleinen Kursverfall wieder stabil über die Marke von 1,34 US-Dollar stieg.

    Dass der Euro trotz der ausgebliebenen Zinssenkung nicht noch stärker zulegte, erklärt Torsten Gellert mit der Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Eurozone. "Einerseits schließt die Kanzlerin einen Schuldenschnitt in Griechenland aus, andererseits werden die Banken jetzt auf genau dieses Szenario vorbereitet. Das ist zwar sinnvoll und wird durch die Märkte positiv aufgenommen, aber planbare, verlässliche Signale aus der Politik stelle ich mir anders vor", erklärt er. "Das Augenmerk richtet sich jetzt verstärkt auf die Tragfähigkeit europäischer Banken im Falle dass, oder besser gesagt sobald, griechische Anleihen ausfallen oder umstrukturiert werden." Die Ratingagentur Moody's begründet ihr heutiges Downgrade von 12 britischen Banken durch die Ungewissheit, ob die britische Regierung nicht auch einige nicht-systemrelevante Institute fallen lassen könnte.

    "Die Zentralbanken scheinen momentan die einzigen handlungsfähigen Akteure zu sein, obwohl das ihr Mandat gar nicht her gibt", so Gellert weiter. Die Europäische Zentralbank ist eigentlich an ihre Vorgaben gebunden, die einzig und allein eine niedrige Inflation als Ziel ausschreiben. Mit jedem Staatsanleihen-Kauf und jeder Zinssenkung trotz steigender Inflation entfernt sie sich weiter von diesem Ziel.

    Hinzu kommt, dass sie über die Kontrolle der Leitzinsen nur den Euroraum als Ganzes beeinflussen kann. Sollten aber tatsächlich die ersten europäischen Banken ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können und Anleger um ihre Einlagen bangen müssen, ist ein nicht kontrollierbarer Dominoeffekt zu befürchten, weil plötzlich alle Banken bestimmter Länder als unsicher gelten könnten. "Das Vertrauen der Bevölkerung in die Sicherheit ihrer Bankeinlagen darf auf keinen Fall angekratzt werden", sagt Gellert. "Denn sonst werden sich schnell die Mittel der mächtigen Zentralbanken als sehr limitiert erweisen."



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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
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