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    EUR/USD  1749  0 Kommentare Einigung in Washington – Die Partylaune der Märkte könnte schnell vorbei sein

    Wie nicht anders zu erwarten war, ist es zum Thema „Fiscal cliff“ am Ende noch einmal richtig spannend geworden. Die politischen Ränkespiele zwischen Demokraten und Republikanern haben sogar dazu geführt, dass die USA rein theoretisch über die seit Monaten wie ein Damoklesschwert über den Märkten schwebende fiskalische Klippe gestürzt sind, denn man einigte sich erst 24 Stunden zu spät auf einen aus meiner Sicht sehr fragwürdigen, wenn nicht sogar faulen Kompromiss. Da aber Präsident Obama so schnell wie möglich wieder zu seiner Familie in den Urlaub zurück nach Hawaii zurückkehren wollte und die Republikaner nach den verlorenen Wahlen nicht noch mehr Rückhalt bei den Amerikanern verlieren wollten, sorgte man dafür, dass der Sprung in den Abgrund vorerst mit Fallschirm erfolgte.

     

    Sicher gelandet und zurück auf dem Wachstumspfad ist die weltgrößte Volkswirtschaft damit allerdings noch lange nicht. Deshalb halte ich auch die Freude über die Nachrichten aus Washington, die sich in steigenden Kursen nicht nur bei DAX und Dow Jones am ersten Handelstag des neuen Jahres ausdrückt, für etwas übertrieben und würde mich nicht wundern, wenn diese Kursgewinne am Ende dieser oder in der nächsten Woche wieder aufgezehrt sind. Auch der Euro versucht sich heute erneut an der Marke von 1,33 zum US-Dollar. Die Chancen, diese zu überwinden, haben sich seit meiner letzten Analyse nicht wirklich erhöht, ein erneuter Rückschlag in Reaktion auf eine nun anstehende Konsolidierung an den Aktienmärkten ist sehr wahrscheinlich.

    Auch ein genauer Blick auf den Kompromiss zeigt, dass der mit der Fiskalklippe drohende Dämpfer für die Konjunktur in Teilen nur um ein paar Monate verschoben, in einigen Punkten - auf den ersten Blick zugegeben leicht und auch gewollt übersehbar – gar nicht abgewendet wurde. Zwar verkündete Obama auf der kurzfristig anberaumten Pressekonferenz stolz, die Steuererhöhungen für die Masse der Bevölkerung seien verhindert worden, allerdings ist im ausgehandelten Kompromiss nichts von der Rücknahme der automatisch zum Jahreswechsel in Kraft stehenden Erhöhung der Lohnsteuern für rund 160 Millionen Amerikaner von 4,2 auf nun wieder 6,2 Prozent zu lesen. Die Senkung wurde 2010 befristet beschlossen, um die lahmende US-Konjunktur wieder anzukurbeln. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Effekt auf eine zu mehr als zwei Dritteln vom Konsum abhängende US-Wirtschaft auswirken wird. Immerhin hat der amerikanische Durchschnittshaushalt monatlich nun wieder rund 100 Dollar weniger zur Verfügung.

    In Sachen Ausgabenkürzungen wurde der politische Streit vorerst nur um zwei Monate verschoben, bis spätestens März müssen Lösungen dafür her, denn die selbst gesetzte Schuldenobergrenze der USA von 16,4 Billionen US-Dollar ist längst erreicht und muss spätestens dann erneut angehoben werden, um zahlungsfähig zu bleiben. Neuer Streit im amerikanischen Kongress ist also vorprogrammiert, weitere Ausgabenkürzungen und damit Belastungen für die US-Wirtschaft nur eine Frage der Zeit. Ich bleibe weiter bei meiner Einschätzung, dass der Zwang zum Sparen auch den USA genau wie Europa über kurz oder lang Wachstum kosten muss und auch wird. Die andauernde Unsicherheit über die tatsächliche Höhe der Einsparungen am Ende und der daraus resultierenden Einschnitte gibt gerade deshalb noch kein grünes Licht für die Aktienmärkte, die zwar noch die Einigung feiern, wo aber sowohl technisch als auch fundamental nun einiges für eine Korrektur spricht. Auch der starke Optimismus der Investoren in diesen Tagen stimmt mich skeptisch, ob diese Rally so weiter gehen kann und wird.

    Gleiches gilt für mich für den Euro, der sowohl von dieser spürbar zunehmenden Risikoneigung der Anleger als auch von der scheinbaren Ruhe in der Euro-Schuldenkrise profitiert. Deshalb wage ich mich auch nicht festzulegen, was am Ende als Begründung für eine in den nächsten Wochen beginnende Konsolidierung an den Aktienmärkten herhalten muss:  Ob der weiter schwelende Streit über den US-Haushalt oder neue, alte Krisenherde in Europa, genannt seien an dieser Stelle wieder einmal Italien, Spanien, aber auch Frankreich. Neue schlechte Nachrichten aus Südeuropa könnten bald wieder die Klippen-Diskussion aus den USA auf den Titelseiten ablösen. Im Zuge dieser Konsolidierung an den Märkten sollte auch der Euro wieder an Boden verlieren. Für die nächsten Monate erwarte ich daher eher wieder Kurse unter 1,30 US-Dollar. So paradox es auch klingt, kurz- und mittelfristig wird der US-Dollar trotz politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten und weiter steigenden Schulden in den USA profitieren, denn als sicherer Hafen fehlen ganz einfach die Alternativen. Außerdem deuten zumindest die aktuellen Zahlen vor allem zum US-Arbeits- und auch zum Immobilienmarkt daraufhin, dass sich das Land in den nächsten Verhandlungen sogar einiges an Einsparungen leisten kann, ohne gleich wieder in die Rezession zurück zu fallen, während die Eurozone 2013 wohl definitiv abschreiben kann, was das Thema Wachstum angeht.

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    Torsten Gellert
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    Torsten Gellert ist seit Januar 2015 Head of Germany/Austria bei CMC Markets. Schon von 2007 bis 2009 war er mitverantwortlich für die Geschäfte im deutschsprachigen Raum und etablierte in dieser Zeit CMC Markets als größten Anbieter von CFDs und Forex in Deutschland. Der studierte Diplom-Mathematiker startete seine berufliche Karriere 1997 bei der Allianz Versicherung. Nach zehn Jahren in der Versicherungsbranche wechselte er 2007 zu CMC Markets Deutschland in die Geschäftsleitung. 2010 zog es ihn in seine Heimatstadt zurück und er baute das Deutschland-Geschäft des internationalen Brokers FXCM auf.
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    Verfasst von 2Torsten Gellert
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