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    Schuldenstreit mit Hedgefonds  3810  1 Kommentar Staatspleite war gestern, jetzt holt Argentinien zum Gegenschlag aus

    Ring frei für die nächste Runde im Kampf Argentinien vs. Hedgefonds: Nach dem vermeintlichen Knock-Out in Form eines teilweisen Zahlungsausfalls lag Argentinien eigentlich schon am Boden. Doch nun holt das Land zum Gegenschlag aus.

    Es war eine dramatische Woche für das drittgrößte Land Südamerikas. Im seit Jahren schwelenden Schuldenstreit weigert sich die argentinische Regierung beharrlich, den Forderungen jener Hedgefonds, die dem Schuldenschnitt des Landes im Jahr 2005 nicht zugestimmt hatten, nachzukommen, obwohl ein US-Gericht sie sogar zur Zahlung der insgesamt 1,5 Milliarden US-Dollar verurteilt hat. Weil der zuständige Richter Thomas Griesa außerdem entschieden hatte, dass Argentinien bis zu einer Lösung des Konflikts auch die Forderungen der anderen Gläubiger nicht bedienen darf, kam es in der vergangenen Woche zu einem „teilweisen Zahlungsausfall“ („Selective Default“). Damit ist Argentinien innerhalb von nur 13 Jahren bereits zum zweiten Mal pleite.

    Dennoch bleibt es relativ ruhig – von Hysterie an den Märkten oder Unruhen auf den Straßen Argentiniens keine Spur. Im Gegenteil, die argentinische Bevölkerung feiert ihre Helden, die in ihren Augen dem neoliberalen Raubtierkapitalismus die Stirn geboten haben. Optimale Voraussetzungen also für die Regierung um Staatschefin Cristina de Kirchner sich im Feldzug gegen die von ihr als „Geierfonds“ verschmähten Hedgefonds weiter zu profilieren.

    Börsenaufsicht ermittelt gegen Hedgefonds

    Wie verschiedene Medien berichten, hat die argentinische Börsenaufsicht Ermittlungen gegen mehrere Hedgefonds eingeleitet. Der Verdacht: Insiderhandel. Der Chef der Börsenaufsicht, Alejandro Vanoli, sagte, er habe seinen US-Amtskollegen um Informationen über Geschäfte mit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) gebeten, mit denen man sich gegen einen Zahlungsausfall Argentiniens hätte absichern können. Seine Behörde wolle demnach prüfen, ob die Hedgefonds diese Papiere besaßen, während sie gleichzeitig mit Argentinien verhandelten. Das verkündete Vanoli auf einer Pressekonferenz.

    Aber nicht nur die Hedgefonds, auch der vom US-Gericht zur Schlichtung des Konflikts bestellte Mediator Daniel Pollack zieht zunehmend den Zorn der argentinischen Regierung auf sich. Pollack hatte in der vergangen Woche indirekt dem argentinischen Wirtschaftsminister Kicillof widersprochen, der den Zahlungsausfall des Landes als „technischen“ Zustand bezeichnete. Pollack entgegnete, es handele sich nicht bloß um einen technischen Zustand, sondern um ein ziemlich reales und schmerzvolles Ereignis, das (…) Menschen wehtun werde. Mit Äußerungen wie dieser habe er die Position Argentiniens in den internationalen Finanzmärkten untergraben, warf ihm der Anwalt der Regierung in Buenos Aires daraufhin vor und stellte einen Antrag auf seine Entlassung. Doch der zuständige Richter Griesa ist da offenbar anderer Meinung. Pollack habe „großes Geschick“ bewiesen. Ihn seines Postens zu entheben, wäre daher eine „krasse Ungerechtigkeit“, so Griesa laut dem „Handelsblatt“.

    Wirtschaft schrumpft – schuld sind die anderen

    Dennoch dürften die jüngsten Maßnahmen der argentinischen Regierung dabei helfen, sich weiterhin als Helden zu stilisieren, denn schon der Schachzug, die Verhandlungen mit den Hedgefonds platzen zu lassen und damit sogar eine Staatspleite in Kauf zu nehmen, erweist sich aus innenpolitischer Sicht als äußerst clever. Das belegen Umfragewerte und nicht zuletzt die ruhigen Straßen Buenos Aires‘. Darüber hinaus eignen sich die Ermittlungen wegen Insiderhandels und die Querele um die Personalie Pollack bestens, um von einem Expertenbericht der Vereinten Nationen abzulenken. Dieser geht nämlich davon aus, dass die Wirtschaft Argentiniens in diesem Jahr schrumpfen wird. Zwar habe man die Wachstumsprognose nur auf 0,2 Prozent von zuvor 1,0 Prozent gesenkt, sagte die Chefin der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik, Alicia Barcena. Die Zahl stamme aber aus dem vergangenen Monat. „Heute ist die Lage ganz anders.“

    Und sollte der kleine Mann auf den Straßen Argentiniens diese wirtschaftlichen Auswirkungen bald leidvoll zu spüren bekommen, wird es umso praktischer sein, wenn sich die dann aufkeimende Wut nicht gegen die Oberen des eigenen Landes, sondern gegen eine kleine Gruppe „erpresserischer Geierfonds“ aus den ohnehin verhassten USA richtet.




    wallstreetONLINE Redaktion
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