MiFID-Expertin
„Unmut der Branche ist verständlich“ - Seite 4
FundResearch: Wie wahrscheinlich ist es, dass die ESMA auf den BVI hört?
Marion Willems: Insgesamt bleibt abzuwarten, ob die ESMA aufgrund der Branchenreaktionen noch mal zurückrudert und das Provisionsverbot aufhebt bzw. den auch für die BaFin gelebten Status Quo aufrechterhält. Am Ende wird vielleicht ein Kompromiss herauskommen, schließlich entscheiden 28 Länder über diese Regelungen. Vielleicht gibt es dann auch eine Positivliste für Zuwendungen für Qualitätsverbesserung, das bleibt abzuwarten. Zum Zurückrudern ist bis 2017 noch viel Zeit und die Branche bzw. die Verbände werden diese nutzen, um praktikable Gegenvorschläge zu unterbreiten.
FundResearch: Finanzberatern graut es vor allem vor der Aufzeichnungspflicht von Telefonberatungsgesprächen. Wie muss diese technisch umgesetzt werden? Ersetzt sie das Beratungsprotokoll?
Marion Willems: Nein, das Beratungsprotokoll wird es nach wie vor geben, nämlich als Protokoll des persönlichen Gesprächs in der Bankfiliale. Das sogenannte „Taping“ von Telefongesprächen wird in Level 1 für den Handel auf eigene Rechnung und die Erbringung von Dienstleistungen, die sich auf die Annahme, Übermittlung und Ausführung von Kundenaufträgen beziehen, gefordert. Auch wenn es nicht zum Gesprächsabschluss kommt, sind diese Aufzeichnungen zu tätigen. Das bedeutet natürlich einen enormen Aufwand für die Anwender. Die Aufzeichnungen erfolgen dann entweder elektronisch auf dauerhaften Datenträgern oder in der Form des genannten Beratungsprotokolls. Es ist aufzuzeichnen, warum ein Produkt empfohlen wurde und wie risikobereit der Kunde ist. Um Kosten zu sparen, bietet es sich an, telefonische Orders von bestimmten Kunden an einfache technische Plätze durchzurooten. Es wird spezielle Beraterplätze für Telefonorder geben ebenso wie Call Center bzw. spezifische Preismodelle. Die Level 2-Regelungen des Konsultationspapiers sind bisher auch noch unklar.
FundResearch: Welche Regelungen zur Vergütung von Vermögensverwaltern beinhaltet die Richtlinie? Dürfen Kickbacks angenommen werden?
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Marion Willems: Grundsätzlich können Vermögensverwalter nach geltendem Recht Kickbacks als Bestandteil der Vergütung behalten, wenn sie dies im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrags mit dem Kunden vereinbart haben und konkret im Vertrag darauf hingewiesen haben, dass sie Bestandteil der Vergütung sind. Haben Sie dies nicht vereinbart, müssen sie den Kunden darauf hinweisen, dass sie Kickbacks erhalten haben und diese an den Kunden herausgeben. MiFiD II sieht auf Level 2 bei unabhängiger Beratung vor, dass weder Berater noch Vermittler für das Erbringen von Wertpapierdienstleistungen für ihre Kunden Gebühren, Provisionen oder andere monetäre Vorteile Dritter entgegennehmen dürfen. Bei abhängiger Beratung dürfen Provisionen weiterhin angenommen werden, allerdings unterliegen sie den oben skizzierten strengen Reglungen. Für Portfoliomanagement-Dienstleistungen ist ein generelles Provisionsverbot vorgesehen.