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    Griechenland - Schuldenstreit  3767  1 Kommentar Rhetorisches Harakiri von Spielsucht bis Waterboarding - Und der Plan von Varoufakis?

    Es ist Anfang Februar. Die griechische Regierung ist noch keine zwei Wochen im Amt, aber hat sich bereits einen Namen gemacht. Besonders zwei Politiker stechen hervor: Ministerpräsident Alexis Tsipras und Finanzminister Yanis Varoufakis.

    Bereits unmittelbar nach ihrem Wahlsieg treten sie eine Europa-Tour an, versuchen für ihre Sache zu werben. Sie wollen Verständnis, sagen sie, und suchen Verbündete. Ihr Ziel: Ein Schuldenschnitt. Eine Neuverhandlung des Hilfsprogramms. Auf wenig Gegenliebe stoßen diese Ziele insbesondere in Deutschland. So durfte es eigentlich keinen verwundern, dass ausgerechnet Deutschland nicht das erste Ziel der frisch gewählten Regierung ist.

    Bevor Varoufakis auf Schäuble traf, machte er mit markigen Worten auf sich und seine Vorstellungen aufmerksam. Griechenland werde nie wieder ein Haushaltsdefizit vorlegen, verspricht er. Und betont: „Nie, nie, nie!“ (Mehr dazu siehe hier). Und damit nicht genug. Varoufakis poltert, die EU gleiche „einem Spielsüchtigen, der dem guten Geld schlechtes hinterherwirft“. Er selbst sei „der Finanzminister eines bankrotten Landes“.

    Eine denkwürdige Pressekonferenz

    Am Donnerstag, den 5. Februar, treffen die Finanzminister Varoufakis und Wolfgang Schäuble in Berlin zum ersten Mal aufeinander. Zusammen geben sie eine Pressekonferenz. Eine denkwürdige Pressekonferenz. „Griechenland gehört zum Euro“, so Schäubles Einleitung. Er spricht von einem intensiven Gespräch. Betont Deutschlands Bereitschaft, für das europäische Projekt einzustehen. Lösungen habe das Gespräch keine gebracht. „We agreed to disagree“, sagt Schäuble. Gegenseitige Toleranz statt Akzeptanz.

    Auch Varoufakis verspricht Kooperationsbereitschaft: „Griechenland ist ein Partner in der Lösungsfindung.“ Zugleich kritisiert der griechische Finanzminister erneut das bisherige Vorgehen, Griechenland sei eine insolvente Nation, das Reformpaket diene nur als „Feigenblatt“, um die Abhängigkeit Athens zu verschleiern. Und er widerspricht Schäuble: „We not even agreed to disagree.“

    Die beiden Finanzminister gehen also ohne Lösung auseinander. Und der Ton, den Varoufakis anschlägt, bleibt drastisch. Er wirft der Troika Waterboarding vor und fordert erneut einen Schuldenschnitt (siehe hier). Doch damit nicht genug. Er entwirft einen 4-Punkte Reformplan. Der Titel: „Bescheidener Vorschlag zur Lösung der Eurokrise“. Darin fordert er beispielsweise ein eurozonenweites Sozialprogramm (mehr dazu siehe hier). Bevor die Euro-Finanzminister am Montag, den 16. Februar, zusammenkommen, wiegelte Schäuble ab. Von einer solchen Debatte halte er nichts. Nennt sie eine „Verschwendung von Zeit“.

    „Auf einem anderen Planeten“

    Ohnehin scheinen sich die Fronten zunehmend zu verhärten. EU-Diplomaten kritisieren, die griechischen Unterhändler würden offenbar „auf einem anderen Planeten“ leben. Nahezu konsequent erscheint es im Nachhinein, dass die Verhandlungen bei dem Zusammentreffen scheitern. Doch es war nicht einfach nur ein Scheitern, es war ein Eklat: Die geforderte Verlängerung des aktuellen Hilfsprogramms sei „absurd“ und „inakzeptabel“ kritisierte Varoufakis und ließ die Verhandlungen damit platzen. Und plötzlich waren sie wieder da: Die Grexit-Szenarien (siehe: Der Countdown für den Grexit läuft… Doch die Märkte bleiben relativ gelassen).

    Wenige Tage später kommt Bewegung in den Streit. Griechenland will nun offenbar doch einen Antrag zur Verlängerung des Programms stellen. Unklar bleiben zunächst die Bedingungen. Dann das Schreiben der griechischen Regierung an den Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, doch die deutsche Regierung lehnt ab (siehe: Athen akzeptiert Bedingungen, aber beharrt auf Schuldenschnitt – Deutschland lehnt ab). Es ist vor allem die Wortwahl, die den Konsens verhindert.

    Trotz Einigung geht der Zwist weiter

    Zu Wochenbeginn dann doch die Einigung (siehe: Griechische Reformliste auf dem Prüfstand – Eurogruppe stimmt Plänen aus Athen zu). Doch noch bevor nationale Parlamente – wie auch der Bundestag – den Plänen zustimmen können, geht Varoufakis wieder in die Vollen. Rhetorisch gesehen. „Wenn ihr denkt, ihr tut gut daran, progressive Regierungen wie unsere zur Strecke zu bringen, dann macht Euch auf das Schlimmste gefasst“, sagt er. Adressiert ist dies an seine Finanzminister-Kollegen. Besonders angesprochen dürfte sich Schäuble fühlen – und der scheint langsam die Geduld zu verlieren. Er sei „fassungslos“, betont er. Und kritisiert, die Griechen würden mit Füßen auf der Solidarität der Europäer herumtreten (lesen Sie hierzu: Varoufakis droht mit dem Schlimmsten, Schäuble reagiert fassungslos!).

    Kritik an Griechenland kommt aus Estland

    Doch Schäuble ist mit seiner Kritik nicht allein. „Es ist schwer für Griechenland, ich verstehe das“, zitiert die „Welt“ die estnische Finanzministerin Maris Lauri. Doch von einer humanitären Krise möchte sie nicht sprechen. Eine solche herrsche in Mali oder Syrien, aber nicht in Griechenland. Und mit Blick auf die Verhandlungen über ein Hilfsprogramm für Griechenland sagt Lauri: „Man bekam den Eindruck, dass nur sie leiden und andere nicht.“





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    Griechenland - Schuldenstreit Rhetorisches Harakiri von Spielsucht bis Waterboarding - Und der Plan von Varoufakis? Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis macht gern mit markigen Worten auf sich aufmerksam. Er wirft der Troika Waterboarding vor, droht den spielsüchtigen Euro-Partnern mit dem Schlimmsten. Diese meinen, er lebe auf einem anderen Planeten.

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