DIW-Studie
Griechenland ist die neue DDR - Kommt jetzt der Soli für Athen?
Vor 25 Jahren wurde die deutsche Währungsunion ins Leben gerufen. Genau wie damals die DDR liegt heute Griechenland wirtschaftlich am Boden. Und das ist nicht die einzige Gemeinsamkeit. Doch es gibt auch einen entscheidenden Unterschied: die DDR hatte den Soli.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat sich anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der deutschen Währungsunion mit der Frage beschäftigt, inwieweit die Situation der DDR damals mit der Griechenlands heute verglichen werden kann. Und siehe da, DIW-Chef Marcel Fratzscher hat „eine Reihe interessanter Parallelen“ entdeckt.
Keine funktionierende staatliche Institutionen, keine wettbewerbsfähige Wirtschaftsstruktur und haltlose politische Versprechungen – das zeichnete die DDR damals ebenso aus wie Griechenland heute, so Fratzscher im DIW-Interview. In beiden Ländern hätte die Politik riesige Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten werden konnten. Den Bürgern in Ostdeutschland seien „blühende Landschaften“ versprochen worden. Das Gleiche tue die griechische Regierung heute. „Sie hat das Blaue vom Himmel versprochen, was natürlich nicht einzuhalten ist.“
Aber nicht nur zwischen DDR und Griechenland, auch zwischen der deutschen und der europäischen Währungsunion ließen sich laut DIW Parallelen ziehen. Beide seien in erster Linie politisch gewollt gewesen. So wurde die Währungsunion 1990 dazu genutzt, schnellstmöglich Nägel mit Köpfen zu machen. Nach Ansicht von DIW-Ökonom Karl Brenke galt es, „angesichts einer unsicheren außenpolitischen Lage, die Chance der Wiedervereinigung zu nutzen und mit einer gemeinsamen Währung irreversible Fakten zu schaffen.“
Ähnlich die Situation in Europa. Auch hier entschieden sich die Gründungsväter, den Euro als „Grundstein“ für eine dann folgende europäische Integration zu legen, anstatt die Gemeinschaftswährung als „Krönung“ ans Ende dieses Integrationsprozesses zu setzen. Sowohl in Deutschland als auch in Europa wurden demnach politische Fakten geschaffen, die es dann galt, auch ökonomisch in die Realität umzusetzen.
Ein „schmerzvoller Prozess“ mit Happy End
Im Fall der deutschen Währungsunion erwies sich das als „schmerzvoller Prozess“. „Kurzfristig wurden die wenig produktiven Betriebe der DDR dem freien Handel ausgesetzt; die Industrieproduktion brach in einem Maße zusammen, das historisch ohne Beispiel ist.“ Es erfolgte die Systemtransformation durch eine Schocktherapie: „Über Nacht wurde die Wirtschaft der DDR dem Wettbewerb ausgesetzt, in dem sie zu großen Teilen nicht bestehen konnte.“ Trotzdem bezeichnet Fratzscher die schnelle Umsetzung in Ostdeutschland als Erfolg und fordert : „Gerade für die Lösung der derzeitigen europäischen Krise ist es wichtig zu verstehen, welche Lehren wir aus der deutschen Währungsunion für Europa ziehen können.“
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Denn ein wesentlicher Unterschied gebe es zwischen den beiden Währungsunionen: die deutsch-deutschen Transferleistungen. „Die deutsche Währungsunion ging mit einer Fiskalunion und hohen finanziellen Transfers von Westdeutschland nach Ostdeutschland einher, wogegen solche fiskalischen Transfers innerhalb der Eurozone sehr viel geringer sind.“ Griechenlands Transformationsprozess dürfte deshalb deutlich langsamer verlaufen, so Fratzscher.
Ein Soli für Griechenland?
Spannt man diesen Argumentationsfaden weiter, scheint die Lösung naheliegend: Griechenland braucht einen Soli. Genau wie die deutschen Steuerzahler seit Jahren den Aufbau Ostdeutschlands durch eine Sondersteuer unterstützen, könnten (oder sollten?) die europäischen Bürger Griechenland finanziell unter die Arme greifen. Ein interessantes Projekt in diese Richtung gibt es bereits: „Greek Bailout Fund – Politiker debattieren, hier wird gehandelt – Crowdfunding mal anders“.
„Haben wir nicht schon genug gezahlt?“, werden viele jetzt schreien. Aber haben wir das wirklich? Haben wir wirklich für den Wiederaufbau eines gebeutelten Landes gezahlt oder wurde unser Geld nicht vielmehr dazu genutzt, die Banken zu retten (Lesen Sie hierzu: "Wenn es Solidarität gab, dann mit deutschen und französischen Banken")? Und davon einmal abgesehen stellt sich doch die Frage, was am Ende teurer wäre – ein Soli für Griechenland oder das Land in die Pleite und in den Grexit stürzen zu lassen? Denn eins ist klar: die deutschen Steuerzahler werden Griechenland so oder so finanziell helfen müssen.