Kartendienst HERE
Drei deutsche Autobauer, drei-Milliarden Euro, eine gemeinsame Kampfcloud
Es ist besiegelt: Die zuständigen Kartellbehörden haben die Übernahme der Nokia-Tochter HERE durch Audi, BMW und Daimler bewilligt. Den Zuschlag bekamen sie im Juli dieses Jahres (wallstreet:online berichtete). Mit dem Kartendienst erhoffen sich die eigentlichen Konkurrenten ein Stück Unabhängigkeit von Google und Co.
Eine "beispiellose Kooperation von Rivalen" – so bezeichnete es Audi-Chef Rupert Stadler. Mit seinem Unternehmen sowie den Autobauern BMW und Daimler haben sich drei große Konkurrenten zusammengeschlossen, um dem Informationsdienst Google den Kampf anzusagen.
Ein ganzes Jahr dauerte es, bis sie sich letztlich den Zuschlag für 2,8 Milliarden Euro sichern konnten. Mit im Bietergefecht befanden sich Schwergewichte wie das soziale Netzwerk Facebook, der Chauffeur-Vermittlungsdienst Uber und der hochrangige Finanzinvestor Hellman & Friedman.
Doch die Premiumautohersteller blieben nicht ohne Grund so hartnäckig am Ball: Es geht um die Zukunft des autonomen Fahrens, ein Milliardengeschäft, was nur mithilfe hochpräziser Daten möglich ist. In digitalen Karten zusammengefasst, sind sie das Schlüsselelement für die selbstständige Navigation eines Autos durch den Straßenverkehr.
Unabhängigkeit, das oberste Gebot
Dies bietet der weltweit agierende Kartendienst Nokia Here, welcher aktuell über 6000 Mitarbeiter weltweit beschäftigt. Dessen Karten hätten eine Qualität, die laut Stadler bereits bei selbstfahrenden Autos in den USA, Deutschland, Frankreich und Japan getestet wird.
Dafür hatte der Dreierverbund schon vor dem regulären Verkaufsprozess ein Angebot abgegeben. Die Anteile teilen sich die neuen Eigentümer gleichgerecht auf, jeder bekommt ein Drittel des Datenkuchens. Dabei legen die Partner Wert auf eine klare Trennung zwischen ihrer Rolle als Investoren und HERE-Kunden. Auch für Konkurrenten soll der Kartendienst offen gehalten werden, laut eigenen Aussagen wolle die Navigationssparte von Nokia unabhängig bleiben.
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Entscheidend ist die Datenmenge
Voller Eifer treibt man nun die Entwicklung der intelligenten Karten des Berliner Unternehmens voran, mit dem Ziel daraus den führenden Anbieter ortsbasierter Dienste zu machen. Eine Flotte von insgesamt zwei Millionen bereits vernetzter Fahrzeuge könnte die notwendigen anonymisierten Daten für die Runduminformationen schon heute liefern. Wie sieht die aktuelle Verkehrslage aus? Wie steht es um die Beschaffenheit der Straßen? Je mehr Informationen in das System einfließen, umso präziser seine Funktionsweise. Auch ohne GPS-Satellitensignal ließe sich damit die exakte Position des Autos feststellen.
Mit HERE wollen sich die Autobauer ein Stückweit Unabhängigkeit von den wenigen anderen großen Kartenanbietern wie Google oder TomTom sichern - vor allem vor dem Hintergrund, dass Google seit Jahren auch ein führender Entwickler selbstfahrender Autos ist. Die breite Datenbasis von HERE sei bereits profitabel, auch in Zukunft erwartet man Rendite, ließen die Unternehmen mitteilen. (mit dpa-AFX)