Drei Fragen zum Megatrend „Augmented Reality“ an Dirk Müller

Nicht zuletzt durch Pokémon GO ist das Thema Augmented Reality in aller Munde. Was macht diesen Trend auch aus wirtschaftlicher Sicht so spannend?

Anders als bei vielen bisherigen digitalen Entwicklungen wird die echte Umgebung nun nicht mehr ausgeschaltet und durch eine künstliche ersetzt. Stattdessen wird die echte Umgebung mit künstlichen Objekten bestückt und angereichert. Nur mit viel Phantasie kann man sich in etwa ausmalen, was in wenigen Jahren möglich sein wird, wenn reale Umgebung mit künstlichen Objekten zunehmend perfekt verschmelzen. Möglicherweise gerade zu Anfang weit mehr, als in einer rein künstlichen Umgebung. Das Potential ist schier grenzenlos, nur den ersten Schritt haben wir gerade erlebt. Eines war mir aber beim „Selbsttest“ von Pokémon GO sehr schnell klar: Das Handydisplay eignet sich nur sehr bedingt für diese neue Art der Umgebungswahrnehmung. Der ständige Blick aufs Display beim Laufen birgt doch einige –im wahrsten Sinne- Stolpersteine und Gefahren und lässt nur einen sehr eingeschränkten Blick auf die Umgebung zu. Eine Neuauflage der Datenbrille ist der absolut zwingende nächste Schritt.

Also ein Trend, bei dem man die Google-Aktie haben sollte, da Google mit der Entwicklung der Google Glass eigentlich Vorreiter sein müsste?

Die Menschen haben es damals nicht angenommen. Google hat meiner Meinung nach den Riesenfehler gemacht, diese Technologie auf den Markt zu bringen, bevor es Anwendungen dafür gab, die die Menschen so begeistert haben, dass sie unbedingt eine solche Brille wollten. Erst muss ich ein Bedürfnis schaffen und dann die Lösung für dieses Bedürfnis anbieten. Ein Spiel wie Pokémon GO (oder nachfolgende) schafft genau dieses Bedürfnis eine Datenbrille zu haben. Eine möglichst unauffällige Klarsichtbrille, die vom Smartphone per Bluetooth mit Informationen versorgt wird, die dem Träger dann eingespiegelt werden. Diese Technologie nutzen wir heute schon in einfacher Form in den Head-Up-Displays einiger Fahrzeughersteller. Dieser Trend bringt eine technische Revolution in unser Leben, ob im Beruf oder für private Zwecke. Ich bin sicher, dass jeder einen Bereich findet, der ihn fasziniert, der für ihn Grund wäre so etwas „mal auszuprobieren“. Ob nun als Begleiter in Form eines digitalen Fitnesstrainers, eines Reiseführers oder als Unterstützung bei der Autoreparatur.

Hoher Nutzenfaktor auf den verschiedensten Gebieten also … Wie sieht es aber mit den Risiken aus und wo sind die Chancen, von diesem Trend zu profitieren?

Google Glass wurde mit einer Spionagebrille gleichgesetzt, die nicht anderes macht, als mein Gegenüber heimlich zu filmen, ohne dass er es merkt. Das wird auch künftig der Fall sein, der Datenschutz und die durchaus berechtigten Bedenken treten aber nun in den Hintergrund. Die Menschen werden es diesmal akzeptieren, da es nur ein Nebenaspekt des eigentlichen Themas „Spiel und Spaß“ sein wird, ebenso wie der Mensch jeden Datenschutzgedanken im Internet aufgegeben hat, weil andere Bedürfnisse das Bedürfnis nach Datenschutz überlagert haben. Dieses Thema wird sich durchsetzen. Wir reden von einer Technologie, die unsere Welt und unsere Art zu leben stark beeinflussen und vielleicht sogar verändern wird. In jedem Fall reden wir von einem Multimilliarden-Dollar-Markt. Das betrifft Hardwarehersteller von entsprechenden Brillen, Chiphersteller, Softwarefirmen, Cloud-Serverbetreiber, Handyhersteller, Kamerahersteller, Filmstudios und unzählige weitere Bereiche.

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