Nordkorea
Die größte Sekte der Welt
Eine religiös-fanatische Sekte im Besitz von Atomwaffen? Das ist keine Szene aus dem Katastrophenfilm, sondern Realität. In keinem Land der Welt gibt es einen so ausgeprägten Personenkult um einen Staatsführer wie in Nordkorea - nicht einmal zu Stalins und Maos Zeiten wurde ein Führer so verehrt.
Eine andere Zeitrechnung
Vieles in Nordkorea erinnert eher an eine religiöse Sekte als an einen Staat, wie wir ihn uns vorstellen. Der Geburtstag des Staatsgründers Kim Il-sung, der 19. April 1912, ist der "Tag der Sonne",
der höchste Feiertag im Land. Seit Ende der 90er Jahre hat Nordkorea sogar eine eigene, mit dem Geburtsjahr von Kim Il-sung als Jahr 1 beginnende Zeitrechnung.
Dinge, die Kim Il-sung berührt oder gesehen hatte, werden als Reliquien verehrt. Eine rote Plakette oder Goldschrift verweist auf das bedeutende Ereignis und schließt den geheiligten Ort oder Gegenstand häufig von der Benutzung durch normal Sterbliche aus. So darf niemand im mittleren der drei Fahrstühle im Hochhaus der Kim-Il-sung-Universität in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang fahren, weil der Große Führer ebendiesen Aufzug einmal benutzt hat. Steine, auf denen Kim-Il-sung bei Wanderungen rastete, sind eingezäunt und die schönsten Plätze in den Gebirgen des Landes wurden mit metertief in den Fels gehauenen Zitaten und Sinnsprüchen des Führers geschmückt.
Menschen werden geheilt
Die Fotos von Kim Il-sung und seinem Sohn Kim Jong-il haben in jeder Wohnung einen gesetzlich streng geregelten Ehrenplatz. Die Literatur in Nordkorea ist voll von Berichten über Heldentaten, die
die Menschen unter Einsatz ihres Lebens zur Rettung dieser Bilder bei Katastrophen wie Bränden oder Schiffsunglücken vollbracht haben. Kim-Il-sung und sein Nachfolger konnten, so heißt es in der
Propaganda, Menschen heilen, und bei der Geburt von Kim Jong-il erschien ein besonders heller Stern. Nach seinem Tod erhoben sich landesweit Kraniche in die Luft.
"Die Welt beneidet uns um unseren Führer"
Im Westen fürchtet man den nordkoreanischen Staatsführer oder lacht über ihn, aber in Nordkorea glaubt man, dass die Menschen auf der ganzen Welt das Land um ihre Führer beneiden. Im Vorwort eines
dem Leben von Kim Jong-il gewidmeten Buches heißt es: "Seine Liebe ist wirklich groß, sie macht Kranke wieder gesund und erweckt ein neues Leben, gleich dem Frühjahrsregen, den das geheiligte Land
trinkt… All das ruft bei den Völkern der Welt Bewunderung hervor und lässt sie uns beneiden." Dabei sei der Große Führer bescheiden geblieben, was sich schon daran zeige, dass er auf die Vergoldung
seiner im ganzen Land aufgestellten überlebensgroßen Statuen verzichtete und stattdessen schlichte Bronze wählte.