Geldanlage
Chancen und Risiken inflationsindexierter Anleihen
Die Inflation bleibt ein wichtiges Thema für viele Anleger. Welche Chancen und Risiken haben inflationsindexierte Anleihen?
- Inflationsindexierte Anleihen bieten keineswegs stets einen Inflationsschutz.
- Das Risiko unerwarteter Inflation trägt der Emittent.
- Privatanleger sollten inflationsindexierte Anleihen nur mit Vorsicht nutzen.
Fonds für inflationsindexierte Anleihen werden oft mit dem Versprechen verkauft, einen optimalen Inflationsschutz zu bieten. Doch Sie können, wie ich in nachfolgendem Interview zeigen werde, auch sehr viel Geld damit verlieren!
Der zentrale Unterschied zwischen einer inflationsindexierten und einer klassischen Anleihe ist, dass das Risiko der unerwartet hohen Inflation unterschiedlich zwischen Emittent und Investor verteilt ist. Bei einer inflationsindexierten Anleihe trägt der Emittent, also der Staat, das Risiko unerwarteter Inflation, bei einer klassischen Staatsanleihe trägt es der Anleger.
Nachfolgend ein Interview, das der Journalist Elias Huber für einen Artikel in den „Deutschen Wirtschaftsnachrichten“ mit mir geführt hat. Hier ist das Interview in voller Länge (Das Interview hat zwei Seiten):
Würden Sie Privatanlegern zu inflationsindexierten Anleihen raten?
Zitelmann: Ich habe gefunden, dass die meisten Privatanleger und die meisten Vermögensberater keine Ahnung von der Funktionsweise, den Chancen und Risiken von inflationsindexierten Anleihen haben. Wenn man ein Produkt nicht versteht, und das dürfte bei inflationsindexierten Anleihen für über 99% der Anleger zutreffen, sollte man es auch nicht kaufen. Ich selbst investiere schon lange in inflationsindexierte Anleihen, aber ich nutze diese nur manchmal und punktuell als Absicherung davor, wenn die von mir erwartete Inflationsrate in der relevanten Zukunft (z.B. den nächsten drei Jahren) über der sogenannten Break Even-Inflationsrate für diesen Zeitraum liegen sollte. Mit inflationsindexierten Anleihen kann man nur dann erfolgreich sein, wenn die Inflation höher ausfällt, als der Markt es zum Zeitpunkt des Kaufes bereits eingepreist hat.
Generell will ich mit Anleihen kein Geld verdienen, das mache ich mit Aktien und Immobilien. Anleihen sind für mich ein Sicherheitsanker und die Art, wie ich Geld parke, weil ich einer Bank niemals mehr als einige 100.000 Euro anvertrauen würde.
Wie würden Sie investieren? Entsprechende ETFs enthalten nicht bloß deutsche Linker, sondern auch inflationsindexierte Anleihen anderer Euro-Staaten. Hier ist also das Problem, dass nicht die deutsche Inflationsentwicklung nachgebildet wird. Kaufe ich eine Einzelanleihe, kann ich höchstens zwischen vier entsprechenden Bundesanleihen wählen, deren Restlaufzeiten aktuell bei 2, 6, 9 und 22 Jahren liegen. Kursverluste müsste man also über einen langen Zeitraum aussitzen (mit Ausnahme der Anleihe mit 2 Jahren Restlaufzeit). Ansonsten geben bloß Frankreich, Italien und Spanien Linker mit Investmentgrade-Rating aus. Diese Länder sind aber ausfallgefährdeter als Deutschland und die Anleihen bilden die Inflationsentwicklung der jeweiligen Länder ab, nicht die deutsche.
Zitelmann: Das erste Problem, das nicht die deutsche Inflationsentwicklung abgebildet wird, halte ich für ein sehr kleines Problem, da die deutsche Inflationsentwicklung mit der in anderen Euro-Staaten stark korreliert. Das zweite von Ihnen genannte Problem ist jedoch gravierend: Solche ETFsinvestieren oft in inflationsindexierte Anleihen mit sehr langen Restlaufzeiten. Wenn die Inflation steigt, steigen oft auch die Nominalzinsen. Zinsanhebungen führen jedoch zu Kursverlusten, und zwar nicht nur bei traditionellen Anleihen, sondern auch bei Inflationsindexierten Anleihen. Diese Kursverluste sind umso höher je länger die Restlaufzeit der betreffenden Anleihen ist. Das ist kein theoretisches Risiko. Ich habe mehrere Millionen Euro direkt in inflationsindexierte Anleihen bzw. in einen in der nächsten Antwort genannten Fonds investiert, habe das aber zu Zeitpunkten getan, wo die Inflation noch sehr viel niedriger war als heute und vor allem die eingepreiste Inflationserwartung niedrig war. Wegen des Kursrisikos habe ich teilweise in Anleihen mit einem Jahr Restlaufzeit investiert, teilweise auch bis zu drei Jahren. Die fraglichen Linker-ETFs investieren jedoch in Anleihen mit viel längerer Laufzeit. Ich habe vor etwa zehn Jahren mal eine geringe Summe (14.000 Euro) in den DEKA Rentenreal investiert, einen Fonds, der in inflationsindexierte Anleihen investiert. Während ich mit meinen Direktanlagen in Anleihen mit 1 bis max. 3 Jahren Restlaufzeit überall im Plus liege, liegt der Deka-Fonds über 28 Prozent im Minus, d.h. aus 14.000 Euro wurden in zehn Jahren 10.000 Euro. Das ist genau das Gegenteil von Inflationsschutz. Ich vermute, den Sparkassenkunden wurde der Fonds als sicherer Inflationsschutz verkauft. Die Korrelation der Jahresrenditen zwischen konventionellen Kurzläufer-Anleihen und der Inflation ist höher als die entsprechende Korrelation bei Inflation-Linkern mit langer Restlaufzeit.
Wäre aus theoretischer Sicht ein ETF mit inflationsindexierten kurzlaufenden Bundesanleihen ideal (Restlaufzeit von maximal einem Jahr), da bei nominalen Zinssteigerungen weniger Kursverluste drohen würden (etwa bei EZB-Zinserhöhungen), oder gelten für Linker andere Regeln? (und man zudem Anleihen nicht laufend selbst nachkaufen muss)
Zitelmann: Der Unterschied zwischen konventionellen Anleihen und inflationsindexierten Anleihen des gleichen Emittenten nimmt mit sinkender Restaufzeit ab. Allgemein bin ich ein großer Anhänger von ETFs, und fast mein gesamtes Aktieninvestment besteht aus ETFs. Bei inflationsindexierten Investments sehe ich den Vorteil des von Ihnen beschrieben Fonds gegenüber Direktinvestments jedoch nicht. Ich finde eine andere Idee besser. Ich habe mit einem Fonds gute Erfahrungen gemacht, der versucht, das oben beschriebene Risiko (steigende Inflation ist mit steigenden Zinsen und fallenden Kursen verbunden) wie folgt zu lösen:
Der Lyxor EUR 2-10Y Inflation Expectations UCITS ETF verbindet eine Long-Position in von Frankreich und Deutschland ausgegebenen inflationsindexierte Anleihen und eine Short-Position in konventionelle französische und deutsche Staatsanleihen mit angrenzenden Fälligkeiten. Dieser Investition hat sich für mich rentiert. Ich habe zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten gekauft und der Fonds liegt heute mit 11,7 bzw. 16,5 Prozent im Plus. Das heißt nicht, dass ich diese Investition auch für andere empfehle, denn gerade bei diesem Thema ist absolut entscheidend, zu welchem Zeitpunkt man kauft. Ich hatte zum Kaufzeitpunkt höhere Inflation und zugleich einen Kursrückgang aufgrund höherer Zinsen befürchtet, und da beides eingetreten ist, lag ich damit richtig. Sie sehen, diese Themen sind sehr komplex – eine einfache Einführung in Finanzthemen habe ich gerade in meiner Master-Class „Finanzielle Freiheit“ gegeben.