Standort in der Krise
Hellmeyer: Wachstum, Jobs, Investitionen: So wird Europa zum großen Verlierer
Die Börsen sind trotz geopolitischer Risiken weltweit auf Rekordjagd. Warum das so ist und warum Europa am Ende als großer Verlierer dastehen könnte, erklärt Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Netfonds AG, im Interview.
Anleger zeigen sich aktuell sehr risikofreudig, bestärkt von einem boomenden Technologiesektor und trotzen damit sogar der brenzligen geopolitischen Lage, erklärt Hellmeyer. Er sieht in den jüngsten Erfolgen von Nvidia einen Hauptgrund für die jüngste Marktdynamik, die zu historischen Höchstständen in wichtigen Indizes geführt hat. Trotz geopolitischer Unsicherheiten, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Präsidentschaft Donald Trumps in den USA, bleibt Hellmeyer positiv gestimmt bezüglich des Wirtschaftswachstums und der Marktentwicklung.
Hellmeyer hebt hervor, dass die Wachstumsprognosen des IWF auf 3,1 Prozent gestiegen sind. Entspannte Inflationssignale aus Kanada und der Eurozone tragen zu einer verringerten Zinsangst bei. Die geopolitische Lage erscheint ihm weniger besorgniserregend als die geowirtschaftliche Zukunft, wobei er eine härtere Gangart der USA in Wirtschaftsfragen erwartet, was zu Friktionen führen könnte.
Ein besonderes Augenmerk legt Hellmeyer auf die Energiepreisdifferenz zwischen Europa und den USA, die er als signifikantes Hemmnis für die europäische Wirtschaft sieht. Die Sanktionspolitik gegenüber Russland und die daraus resultierenden Energiepreisunterschiede könnten Europa langfristig benachteiligen.
Schließlich kritisiert er die deutsche Wirtschaftspolitik und das Wachstumschancengesetz der Ampelkoalition, welches seiner Meinung nach nicht ausreicht, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken. Hellmeyer warnt vor den langfristigen Folgen mangelnder Investitionen und einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage in Deutschland.
Insgesamt bleibt Hellmeyer trotz der Herausforderungen optimistisch für die Weltwirtschaft, betont aber die Notwendigkeit, geopolitische und wirtschaftliche Risiken sorgfältig zu navigieren.
Autor: Julian Schick, wallstreetONLINE Redaktion
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