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    Europa 2018  698  0 Kommentare Politische Differenzen im Euroraum jetzt überbrücken

    Bis zum Ende des ersten Quartals werden die Italiener ihre Parlamentswahlen abgehalten haben, und in Deutschland könnte es eine neue Regierung geben. Eine Große Koalition in Deutschland wäre günstig für den Euroraum und alle seine Mitgliedsstaaten. Die politischen Klippen könnten in den ersten Monaten dieses Jahres umschifft werden, und das günstige konjunkturelle Zeitfenster endlich für Reformen genutzt werden.

    Eine Große Koalition in Deutschland würde die politische Unsicherheit beenden, die die europäischen Reformen seit mehreren Quartalen lähmt, und neue Wege öffnen. Dank der guten Konjunktur sowie der unterstützenden Zentralbankpolitik besteht die Aussicht auf eine Aufwertung des Euro. Die EU-Ratssitzung am 22./23. März könnte den Startschuss für umfangreiche Reformen sein.

    Deutschland, das größte EU-Land, und zugleich der größte EU-Beitragszahler, kann den erstarrten Reformprozess wiederbeleben. Nach dem Koalitionsentwurf der beiden größten Parteien würde Deutschland im Falle einer Einigung einer engeren wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Integration nicht mehr im Wege stehen. In dem Entwurf stehen Europafragen (überraschenderweise) an erster Stelle. Er sieht eine Stärkung des Euroraums vor und enthält unter anderem den Vorschlag, den Europäischen Stabilitätsmechanismus zur Lösung von Krisen in so etwas wie einen „Europäischen Währungsfonds“ (nach EU-Recht) umzuwandeln. Die Haushaltskontrolle soll verbessert, die Wirtschaftspolitik enger koordiniert werden. Sogar eine Erhöhung der Beiträge Deutschlands zum EU-Haushalt ist vorgesehen, um die finanziellen Möglichkeiten der EU zu verbessern. Kurz gesagt würde Deutschland endlich einer Reform des Euroraums zustimmen. Die wichtigste Hürde ist die Zustimmung der Mitglieder der SPD zum künftigen Koalitionsvertrag. Der Parteitag hatte bereits am 21. Januar der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen knapp zugestimmt.

    Die Wahlen in Italien am 4. März könnten kurzfristig für Unsicherheit sorgen. Zurzeit überstrahlt die gute Konjunktur die allseits bekannten Schwächen der italienischen Wirtschaft. Die wirtschaftliche Erholung entwickelt nun aber auch in Italien eine Eigendynamik. Sowohl das Geschäftsvertrauen (Composite PMI auf 56,5 Punkten), als auch das Verbrauchervertrauen (knapp unter seinem Allzeithoch) haben sich seit letztem Sommer deutlich verbessert. Mittelfristig sind auch die Schulden tragfähiger geworden. Die durchschnittlichen Zinsen für umlaufende Anleihen sind gefallen, das nominale Wachstum ist gestiegen, und der Primärsaldo dürfte weiterhin einen Überschuss erzielen. Deshalb prognostiziert auch der IWF für Italien einen Rückgang der Schuldenquote von 133 Prozent im Jahr 2017 auf 120 Prozent bis 2022. In diesem Umfeld dürften die Wahlen das Land nicht von seinem Pfad abbringen. Dank der neuen Wahlgesetze ist eine Regierung unter einer Anti-Establishment-Partei sehr unwahrscheinlich. Ein Patt im Parlament – das wahrscheinlichste Ergebnis – wäre keine Gefahr für den Euroraum. Eine große Koalition könnte wohl auch in Italien mit der Situation umgehen und sich einer institutionellen Stärkung des Euroraums nicht widersetzen.





    Stefan Keller
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    Stefan Keller ist Asset-Allocation-Stratege beim europäischen Multi-Assetspezialisten Candriam in Luxemburg. Vor seinem Eintritt bei der Candriam Investors Group 2015 arbeitete Keller als Managing Director bei Scope Ratings in Berlin sowie, von 2007-2013, bei Lyxor Asset Management in Paris, wo er als Stratege und Portfoliomanager sowie als Head of Managed Account Platform Research tätig war.
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    Verfasst von Stefan Keller
    Europa 2018 Politische Differenzen im Euroraum jetzt überbrücken Europa blickt zuversichtlich in die kommenden Monate. Während in Deutschland eine Regierungsbildung zum Greifen nah ist, stehen in Italien die Parlamentswahlen unmittelbar bevor. Von beiden Ländern könnten positive Signale in die Eurozone gesendet werden - und dem gesamten Kontinent neuen Schwung verleihen.