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     3342  0 Kommentare Das Greenspan Dossier

    Über die Oster-Feiertage habe ich begonnen, das dicke Buch „Das Greenspan-Dossier“ von Roland Leuschel und Claus Vogt zu lesen. Ich verfolge beide bereits seit Jahren, Leuschel sogar seit Jahrzehnten, und kenne überdies Claus Vogt auch persönlich. Und ich kann zunächst sagen: Ich gratuliere den beiden zu ihrem Buch und kann jedem Börseninteressierten nur raten, sich dieses Buch schnellstmöglich zu besorgen. Dieses Buch ist sicherlich das beste und interessanteste Börsenbuch des neuen Jahrzehnts, denn es ist intelligent, faktenreich und tief – und unterscheidet sich daher von den meisten sonstigen Börsenbüchern auf das Erfreulichste.

    Und dennoch halte ich das, was Leuschel und Vogt hier vortragen, für grundfalsch. Was dem Buch jedoch nichts von seinem Wert nimmt. Denn was anderes sollen Bücher denn erreichen als inhaltlich logisch und zusammenhängend zu argumentieren (das machen beide Autoren vorbildlich) und den Leser damit zum eigenen Nachdenken anzuregen?!

    Ich halte das, was Leuschel und Vogt vortragen, deswegen für falsch, weil es einem falschen Wirtschaftsverständnis entspringt. Leuschel und Vogt diagnostizieren uns eine riesige Spekulationsblase an den Finanzmärkten, die bisher noch keinesfalls abgebaut ist. Viel schlimmer noch: Geht es nach Leuschel und Vogt, dann steht uns das Schlimmste erst noch bevor. Der Crash ist also noch nicht vorbei, er hat gerade erst angefangen und hat seinen Zenit noch nicht einmal erreicht.

    Das ist natürlich starker Tobak, gerade angesichts der grundsätzlich optimistischen Töne, die man ansonsten gegenwärtig nahezu überall auf den Finanzmärkten – und hier ganz besonders an den Aktienmärkten – vernehmen kann. Ich mag ja stets extreme Positionen wie die von Leuschel und Vogt sehr gerne, halte auch deren These von einer grundsätzlichen Zeitenwende, in der wir uns gegenwärtig befinden, für durchaus plausibel. Und weiß selbstverständlich wie alle anderen Börseninteressierten auch, dass es nicht auf Ewigkeit tiefe Zinsen, eine extrem expansive Geldpolitik in Verbindung mit einer sehr niedrigen Inflationsrate, ausufernde Staats- und Leistungsbilanzdefizite geben kann.

    Und dennoch speist sich mein persönliches Unbehagen, das ich manchmal spüre, hauptsächlich aus rein emotionalen Quellen und verkörpert einen eher impressionistischen Charakter. Umso interessanter, jetzt einmal ein Buch in den Händen zu haben, welches das, was ich – und sicherlich so viele andere – nur dumpf im Hinterkopf spüren, einmal auf der rationalen Ebene erörtert.

    Ich werde mich daher in meinen Kolumnen der nächsten Wochen immer wieder einmal mit diesem Thema auseinandersetzen. Der Start ist am Donnerstag nach Ostern.

    email>berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Das Greenspan Dossier Über die Oster-Feiertage habe ich begonnen, das dicke Buch „Das Greenspan-Dossier“ von Roland Leuschel und Claus Vogt zu lesen. Ich verfolge beide bereits seit Jahren, Leuschel sogar seit Jahrzehnten, und kenne überdies Claus Vogt auch …