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     838  0 Kommentare Kann ein Unternehmen kreditwürdiger sein als sein Staat? Das Prinzip der "Sovereign Ceiling" - Seite 3

     

    Warum können Unternehmen mit ihren Anleihen-Ratings normalerweise die Sovereign Ceiling nicht durchstoßen? Erstens ist der Staat ein viel größeres, beinahe unendlich viel besser diversifiziertes wirtschaftliches Gebilde als jedes Unternehmen innerhalb des Staates. (Man könnte den Staat aus rein wirtschaftlicher Sicht ja als die Summe aller Unternehmen in dem Staat betrachten.) Zweitens bestimmt der Staat generell mit seiner Wirtschaftspolitik, Geldpolitik, Steuerpolitik, Strukturpolitik und seiner mehr oder weniger intensiven Regulierung fast aller Branchen den Rahmen, innerhalb dessen sich Unternehmen mit oder ohne Erfolg wirtschaftlich entfalten dürfen. Die Betonungen liegen hier auf "innerhalb" und "dürfen". Drittens werden Staaten aufgrund des – relativ zu Unternehmen – steil zu ihren Gunsten verlaufenden politischen und ökonomischen Machtgefälles in wirtschaftlichen Notzeiten alle verfügbaren Geldquellen anzapfen, um nicht unterzugehen und damit das Überleben der regierenden Politikerkaste und des Gemeinwesens zu sichern. Ein Beispiel dafür, dass der Staat von dieser Macht auch tatsächlich Gebrauch macht, ist das inzwischen wohl aus der kollektiven Erinnerung verschwundene Lastenausgleichsgesetz von 1952, das Immobilieneigentümer über 30 Jahre lang mit einer Zwangsabgabe belastete, um die Kosten der Unterstützung von Vertriebenen und Spätheimkehrern insbesondere in Form des sozialen Wohnungsbaus zu finanzieren. Vergleichbare Maßnahmen können natürlich auch Unternehmen treffen. Die Wirtschaftsgeschichte der vergangenen 200 Jahre in fast allen Staaten ist voll von Beispielen hierfür. In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben Staaten – Demokratien und Diktaturen – selbst so große Unternehmen wie Google und Microsoft in Dutzenden bekannter Fälle in die Knie gezwungen. Viertens bezieht der Staat seine Haupteinkünfte – Steuern – zwangsmäßig direkt und indirekt von Unternehmen. Auch die Einkommensteuer, die formalrechtlich von Arbeitnehmern geschuldet wird, ist ökonomisch ebenfalls aus den Einnahmen der Unternehmen zu bestreiten. De facto werden diese Gelder ohnehin von den Unternehmen unmittelbar als Lohnsteuer an den Staat abgeführt.

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    Dr. Gerd Kommer, Alexander Weis, Jonas Schweizer
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    Dr. Gerd Kommer ist Geschäftsführer der Gerd Kommer Invest GmbH, München. Das Unternehmen berät vermögende Privatkunden, Family Offices und Stiftungen in ihren Finanzangelegenheiten. Bis Ende 2016 war Kommer 24 Jahre bei europäischen Großbanken und Asset Managern tätig; zuletzt als Leiter der Niederlassung London und Global Head of Infrastructure & Asset Finance der FMS Wertmanagement, ein Asset Manager, der dem deutschen Staat gehört. In dieser Position verantwortete er ein Portfolio aus strukturierten Krediten und Anleihen im Volumen von 16 Mrd. Euro. Kommer hat mehrere Bücher zu Investmentthemen* veröffentlicht. Er studierte BWL, Steuerrecht und Politikwissenschaft in Deutschland, USA und Liechtenstein.

    Alexander Weis ist Finanzberater bei der Gerd Kommer Invest GmbH. Vor seiner Zeit bei der Gerd Kommer Invest GmbH war Alexander Weis bei einer internationalen Unternehmensberatung im Finanzdienstleistungssektor tätig. Er hält einen MSc. in Quantitative Finance von der Wirtschaftsuniversität Wien und einen BA in Banking & Finance von der Universität Zürich.

    Jonas Schweizer ist Finanzberater bei der Gerd Kommer Invest GmbH. Vor seinem Einstieg bei der Gerd Kommer Invest GmbH war Jonas Schweizer bei mehreren internationalen Großbanken und Finanzdienstleistern tätig. Neben seiner Vollzeitstelle bei einer Großbank erwarb er 2018 einen MSc. in Finance & Accounting an der FOM München. Zudem hält er einen BA in Banking & Finance der DHBW Heidenheim.

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    Kann ein Unternehmen kreditwürdiger sein als sein Staat? Das Prinzip der "Sovereign Ceiling" - Seite 3 Nach dem "Sovereign-Ceiling-Prinzip" bildet das Kreditwürdigkeits-Rating eines Staates eine Obergrenze für das Rating von Unternehmensanleihen. Die Bonität einer Unternehmensanleihe kann daher normalerweise nicht besser sein, als die Bonität des dazugehörigen Staates.

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