Anlegen 4.0
Trennungsgrund Digitalisierung
Viele Beziehungen scheitern wegen des Geldes. Das betrifft derzeit immer mehr Unternehmen. Langjährige Tochterfirmen, Geschäftsbereiche oder Beteiligungen werden auf den Prüfstand gestellt. Ziel ist es, durch Trennung und Verkauf Geld in die Kasse zu bekommen und damit den notwendigen Umbau Richtung Digitalisierung zu bezahlen.
Für Anleger können das interessante Zeiten werden. In vielen Unternehmen ist die Botschaft angekommen, dass ohne einen digitalen Umbau das Geschäft der Zukunft woanders stattfindet. Die Frage ist nur: wie lassen sich in eingefahrenen Strukturen schnell neue, digitale Kanäle oder Geschäftsmodelle etablieren?
Die Antwort ist: meistens gar nicht. Deshalb setzen bereits seit Langem viele Unternehmen auch in der Finanzbranche auf Kooperation oder Übernahme. Sie kaufen sich die notwendige – und am Markt bestenfalls sehr teuer einzukaufende – Expertise einfach ein. Viele Start Ups haben genau dieses als Geschäftsmodell entdeckt, bauen ein Unternehmen im Kern nur soweit auf, dass die technische Dienstleistung einigermaßen steht – und warten dann auf den meistbietenden Käufer. Einen wirklichen Vertrieb oder ein echtes Geschäftsmodell aufzubauen ist da zweitrangig.
Die Preise für solche Übernahmen sind recht hoch, die Bewertungen selbst kleiner Tech-Firmen zum Teil gewaltig, vergleicht man sie mit ihrem Umsatz. Die großen Tech-Konzerne sind ja in den vergangenen Jahren schon allen als normal betrachteten Bewertungsmaßstäben davongelaufen. Der Börsengang von Uber, der die Firma mit 100 Milliarden Dollar bewerten soll, ist ein Beispiel dafür. Und es ist zu hoffen, dass gerade in solchen, nur oberflächlich betrachtet wirklich technologielastigen Unternehmen, die Euphorie bald verfliegt.
Denn es ist klar zu unterscheiden zwischen Firmen, die im Prinzip nur eine herkömmliche Dienstleistung – Taxifahren – auf digitalem Weg anbieten. Und Firmen, die tatsächlich vollständig digitale Produkte anbieten und etwa Infrastruktur für digitale Assets aufbauen, Blockchain-Anwendungen schaffen und so weiter.
Abgesehen von den Bewertungen und ob sie gerechtfertigt sind aber: Irgendwo muss bei den Firmen, die sich einen digitalen Ableger zulegen wollen, ja auch das Geld herkommen. Zwar lassen sich Übernehmen und Zukäufe noch immer relativ günstig finanzieren. Trotzdem ist es für viele Firmen reizvoll, das eigene Portfolio einmal zu überprüfen. Wo schlummern Perlen, die verkauft werden können? Welche Beteiligung kann abgestoßen werden, um Geld in die Übernahmekasse zu bekommen?
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In diesem Jahr wird weltweit die Übernahmetätigkeit zunehmen, werden Unternehmen sich aufspalten, Teile zum Verkauf stellen, sich von Geschäftsbereichen trennen – und alles des Geldes wegen. Beziehungsweise natürlich, um andere, digitale, Teile zukaufen. Für Anleger bieten diese Trennungen interessante Gelegenheiten – und für den gesamten Markt viel Phantasie.