Neuer Börsen-Boom?
Fed senkt Zinsen: Neue Rekordstände an der Wall Street in Sicht?
Anlässlich der Fed-Zinsentscheidung stellt sich die Frage, wie die Börsen kurz- und mittelfristig reagieren werden. Führende Kapitalmarktexperten geben ihre Prognosen ab.
Michael Herzum, Leiter Macro & Strategy bei Union Investment, senkt den Daumen. Für ihn ist kein unmittelbarer Börsenboom in Sicht: "An den Kapitalmärkten rechnet man bereits seit geraumer Zeit mit Lockerungen in der US-amerikanischen Geldpolitik. Eine Zinssenkung der Fed ist keine Überraschung, sondern wurde erwartet – und ist daher in den Kursen bereits weitgehend eingepreist". Herzum sagte im Gespräch mit der wallstreet:online-Redaktion: "Die Wahrscheinlichkeit ist daher hoch, dass die Märkte auf ein zu schwaches Lockerungssignal kaum oder sogar negativ reagieren".
Eher kurzfristige Abschwünge statt rekordverdächtige Rekordstände erwartet Joachim Schallmayer, Leiter Kapitalmärkte und Strategie bei der DekaBank. Vor dem Hintergrund der boomenden US-Wirtschaft sei die Hoffnung auf einen mehrere Schritte umfassenden Zinssenkungszyklus übertrieben, urteilt Schallmayer. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Nachgang zum heutigen Zinsentscheid zunächst zu Gewinnmitnahmen kommen wird, ist als sehr hoch einzuschätzen", so Schallmayer.
Die Prognose von Ulrich Kaffarnik, Vorstand der DJE Kapital AG, lautet: "Zwar ist ein kurzfristiger Freudentaumel an den Börsen möglich, aber es ist unwahrscheinlich, dass der Fed-Entscheid allein Treiber für eine neue nachhaltige Aufwärtsbewegung sein wird".
Richtig aufwärts wird es nach Meinung von Jens Hillers, CM-Equity AG, nicht gehen: "Der Fed-Put wird auch in Zukunft das Markt-Downside begrenzen, ein signifikantes Upside für den US-Aktienmarkt sehe ich aufgrund der bereits heute sehr niedrigen Realzinsen und der weiter bestehenden konjunkturellen Unsicherheiten allerdings dennoch nicht".
Stephen Dover, Head of Equities bei Franklin Templeton, richtet den Fokus auf die schwelende Gefahr, dass die Unternehmensgewinne nicht mehr den Kursständen entsprechen und sagte: "Rund 50 Prozent der diesjährigen Zugewinne am US-Aktienmarkt waren innerhalb von zwei Handelstagen nach den mäßigenden Äußerungen von Powell zu verzeichnen". Und weiter führt Dover aus: "Auch das ist Teil der Entkopplung: Wenn, wie im Fall des US-Aktienmarkts, die Gewinne nicht gestiegen sind, warum legt der Markt dann zu?".
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Schließlich spricht Stephen Dover aus, was vielen Börsianern derzeit durch den Kopf geht: "Es wäre uns lieber, wenn der Aktienmarkt wegen des Wachstums der Gewinne, nicht aber wegen der Fed-Rhetorik zulegen würde".
Autor: Christoph Morisse