Niedrigzins
Vermeintliche Vorsicht führt zur kollektiven Vermögensvernichtung
Die vielleicht interessanteste vierteljährliche Statistik in Deutschland ist nicht etwa die Publikation des Sozialproduktes, sondern der Bericht der deutschen Bundesbank über die Entwicklung des Geldvermögens der privaten Haushalte.
Die gute Nachricht vorweg …, es ist seit Ende 2016 von 5.581,4 Mrd. Euro auf einen Rekord von 6.044,4 Mrd. Euro im dritten Quartal 2018 gewachsen und im vierten Quartal aufgrund des Einbruchs der Aktienmärkte leicht auf 6.016 Mrd. Euro zurückgefallen. Die schlechte Nachricht ist jedoch, dass exakt 41 Prozent als Bargeld, Sicht- und Spareinlagen gehalten werden.
Es erfordert keine komplizierte Mathematik, auszurechnen, welche Kosten die damit verbundenen Negativzinsen für die Banken bedeuten. Schwieriger ist es jedoch zu ermitteln, wie hoch die entgangenen Erträge für die Sparer sind. Mit dem Wissen, dass der hohe Anteil an Einlagen schon seit Jahrzehnten fast unverändert besteht, ist jedoch klar, dass die Risikoaversion der Sparer zu einem bedeutenden Opportunitätsverlust geführt hat.
Über hinreichend lange Zeiträume haben Anlagen in Wertpapieren immer zu positiven Erträgen geführt, aber leider beträgt der Anteil an Aktien und Wertpapierfonds am gesamten Geldvermögen der privaten Haushalte lediglich 19 Prozent. Besonders klein ist mit 1,6 Prozent der Anteil an ausländischen börsennotierten Aktien, obwohl gerade an den amerikanischen Börsen die höchsten Erträge zu erzielen waren. Man kann daher mit gutem Recht sagen, dass die Deutschen zwar gerne im Alltag die neuen Technologien genutzt haben, finanziell aber lieber die Erträge aus den Errungenschaften der neuen Technologien ausländischen Investoren überlassen haben.
Da man den Anleger schlecht zu einer „riskanteren“ Anlage zwingen kann, liegt es an der Politik durch eine stärkere steuerliche Begünstigung der Aktie und weniger strenge regulatorische Anforderungen der Kapitalsammelstellen ein Klima zu schaffen, welches die Anleger zu einem anderen Verhalten anregt. Höhere steuerliche Freibeträge würden übrigens nicht unbedingt zu einem Steuerausfall führen, denn es handelte sich ja um zusätzliche Erträge, die ohne den Kauf von Wertpapieren gar nicht entstanden wären. Im Gegenzug würden jedoch aus dem verstärkten Handel von Wertpapieren bei den Banken zusätzliche Erträge entstehen und bei einer Stärkung der Aktienkultur könnten möglicherweise auch die Kapitalkosten der Unternehmen sinken.
Die Risikoscheue der Deutschen war übrigens nicht immer so hoch wie heute. In den 50er und 60er Jahren betrug der Anteil von Aktien noch rund 25 Prozent (Investmentzertifikate gab es damals noch nicht). Welche Gründe bestehen daher für die heute so hohe Neigung der Deutschen zur Haltung von Sicht- und Spareinlagen? Die Finanzkrise 2008, der Strukturbruch speziell in der deutschen Wirtschaft sowie die Vielzahl der neuen Konfliktherde auf der Welt tragen sicherlich zu der Erhöhung der Risikoaversion bei.
Trotzdem geht die Entwicklung gerade bei den neuen Technologien und zum Beispiel der Medizintechnik (wo Deutschland nach den USA und Japan Marktführer ist) weiter und Firmen aus diesen Sektoren gehören zu den ertragreichsten Unternehmen. Dies erkennt man auch daran, dass das Börsengewicht im S&P in diesen Sektoren stetig steigt.
Dem deutschen Anleger ist daher zu raten, dass er nicht nur beim Kauf des neuen Kühlschranks und Autos Fachzeitschriften zu Rate zieht, sondern auch bei der Geldanlage diesem Thema mehr Beachtung schenkt. Es gibt eine Vielzahl guter Fachzeitschriften, die dem Anleger Unterstützung bieten und auch im Familienkreis hat sicherlich der eine oder andere Anleger Bekannte und Freunde, die auf diesem Gebiet sachkundig sind, oder man wendet ich direkt an einen Finanzexperten.
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