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    Reisebericht aus China  2863  1 Kommentar „Wir werden die letzten Verteidiger des Kapitalismus sein“ - Seite 3

    Auch die Frauen wollen reich werden

    Ich habe Vorträge in den Städten Shanghai, Shenzhen und Guangzhou gehalten. Auffällig war der große Frauenanteil unter den Zuhörern. In Deutschland sind bei Vorträgen zu Finanz- und Wirtschaftsthemen die Männer stets deutlich in der Überzahl, in China ist das anders. Aus Umfragen in Europa und den USA wissen wir, dass im Westen die Zahl der Frauen, die reich werden wollen, deutlich geringer ist als die der Männer. Entsprechende Umfragen aus China kenne ich nicht, aber es scheint so, dass sich hier mindestens ebenso viele Frauen wie Männer für die Ideen von Erfolg und Reichtum interessieren.

    Man sagt, die Asiaten denken kollektivistisch, während wir im Westen individualistisch denken. Doch das stimmt nur mit Einschränkungen. In mancher Hinsicht sind Chinesen heute individualistischer: Frauen beispielsweise versuchen nicht, durch Quoten und politische Forderungen ihre Situation zu verbessern, sondern durch individuelles Leistungs-, Bildungs- und Reichtumsstreben. In den Gesprächen mit Journalisten, die ich hier hatte, fragte keiner, ob es sinnvoll ist, nach Reichtum zu streben oder ob das nicht sehr oberflächlich sei. Die Menschen wollten nur wissen, wie man reich werden kann. Unternehmertum und das Streben nach Reichtum gelten nicht als anstößig. Unternehmer wie Steve Jobs und Jack Ma werden bewundert: Im Büro eines privaten Thinktanks hängen große Fotos von Jobs und Ma an der Wand.

    Englischkenntnisse schlechter als erwartet

    Überraschend war für mich, dass die Englischkenntnisse der meisten Chinesen trotz der Öffnung nach außen nach wie vor schlechter sind, als man denken könnte. An der Rezeption eines „Hampton by Hilton“-Hotel sprach niemand Englisch, die Taxifahrer sowieso nicht. So kann eine Taxifahrt zu einem kleinen Abenteuer werden, weil eine Kommunikation mit dem Fahrer unmöglich ist. Selbst an den internationalen Flughäfen und in Spitzenhotels trifft man auf viele Chinesen, die kaum oder gar nicht Englisch sprechen. Nur in einem Hotel wie dem beeindruckenden „Four Seasons“ in Guangzhou ist das anders. Aber selbst im Hilton-Hotel in Shenzhen sprachen an der Rezeption die meisten Mitarbeiter nur gebrochenes Englisch. Auch chinesische junge Unternehmer sprechen oft nicht oder nur wenig Englisch, da sie stark auf den eigenen Markt konzentriert sind.


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    Reisebericht aus China „Wir werden die letzten Verteidiger des Kapitalismus sein“ - Seite 3 Die Provinz Guangdong mit der Hauptstadt Guangzhou ist traditionell Vorreiter bei den marktwirtschaftlichen Reformen in China gewesen. In diesem Gebiet, in dem es das ganze Jahr über warm oder heiß ist, leben 110 Millionen Menschen und hier herrscht ein besonderer unternehmerischer Spirit.