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     3155  0 Kommentare Crashgurus liegen falsch

    Es gibt sie ja schon seit biblischen Zeiten, die Leute, die den Absturz und den Untergang vorherzusehen glauben. Jetzt nun sind die Aktien in einem Maße abgestürzt wie selten zuvor in der Geschichte.

     

    Doch ich behaupte, die Crashgurus befinden sich im größten denkmöglichen Irrtum, dieses Ereignis jetzt für sich zu reklamieren. Es ist vielmehr genau umgekehrt, denn selten hat jemand mehr schief gelegen als diese Leute.

     

    Der Grund hierfür liegt darin, dass allen Crashprognosen gemein war, einen Zusammenbruch aus dem Finanzsystem heraus aufgrund einer zu hohen Verschuldung behauptet gehabt zu haben.

     

    Die jetzige Krise ist jedoch keine endogene Krise, sie ist nicht wie behauptet aus dem Finanzsystem heraus entstanden, sondern es ist eine exogene Krise. Das Finanzsystem ist von einem exogenen Schock getroffen worden.

     

    Es ist zwar noch nicht aller Tage Abend, doch es sieht derzeit nicht so aus, also ob auf absehbare Zeit der prognostizierte Schuldenzusammenbruch stattfinden sollte. Ganz im Gegenteil zeigt das Finanzsystem eine bemerkenswerte Stabilität. Wobei natürlich die Zentralbanken das Ihrige dazu getan haben.

     

    Das muss man sich einmal vorstellen: Da wird jemand, dem eine schlechte Gesundheit attestiert und Zusammenbruch vorhergesagt wird, mit hundert Stundenkilometern voll in die Seite getroffen, doch er fällt nicht. Er wankt, bleibt aber stehen.

     

    Für die kommenden Zeit ist es daher wichtig, sich den Unterschied von endogenen und exogenen Krisen genau klar zu machen. Eine endogene Krise ist vielleicht mit einem Kind vergleichbar, das krank wird, sich schlecht fühlt, ins Bett muss, über lange Zeit eine Krankheit ausbrütet und schließlich überwindet. Und anschließend geschwächt das erste Mal wieder aufsteht und lange braucht, bis es wieder richtig auf dem Damm ist.

     

    Die jetzige Krise ist hingegen der klassische Stubenarrest. Das Kind ist nicht krank, muss jedoch eine Weile zu Hause bleiben. Und wenn diese Zeit dann vorbei ist, geht es von der ersten Sekunde an mit noch mehr Dampf voran als vorher.

     

    Ich denke zwar nicht, dass die Börsenkrise jetzt bereits überwunden ist, es muss schlichtweg die Höhe der wirtschaftlichen Verluste immer wieder neu kalkuliert werden. Doch danach wird es schnell wieder aufwärts gehen, da bin ich mir sicher.

     

    Angst würde ich erst dann haben, wenn es einen Crash der Staatsanleihen gibt. Oder wenn mitten in einer Krise die Aktienkurse auf neue Highs explodieren. Denn dann würde es wirklich finanziell ums Überleben gehen.

     

    Vieles von dem, was ich jetzt so alles lese, verblüfft mich mächtig. Da habe ich oft den Eindruck, als ob Jens Spahn und ich die einzigen Vollidioten in unserem Land gewesen sind, die die Krise in diesem Ausmaß nicht haben kommen sehen. Allen anderen war das hingegen wohl klar.

     

    Wobei ich mich frage, warum sie dann nicht Aktien-Puts, sondern Klopapier gekauft haben? Aber das sind ja letztlich nur zwei Aspekte ein und derselben analen Persönlichkeit, die unsere gesamte Bevölkerung durchzieht.

     

    Auch die These der Kanzlerin, das jetzt wäre die größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, finde ich grenzwertig. Aber sie hat natürlich Recht. Denn bei der Berlin-Blockade hat es ja Rosinen geregnet, die sowjetische Okkupation Osteuropas war letztlich ein Friedensfest, und dass bei den Grippeepidemien der Vergangenheit oft weit mehr Menschen gestorben sind als bei dem Virus jetzt, das zählt nicht, weil diese Menschen ja im Verborgenen gestorben sind.

     

    Und die allergrößte Krise, da hat die Kanzlerin erneut Recht, ist uns ja glücklicherweise erspart geblieben. Ich widme diese Kolumne daher den beiden aus meiner Sicht größten Helden der Menschheitsgeschichte, Wassili Archipow und Stanislaw Petrow aus Russland, die mit mutigen Handlungen, wachem Verstand, großer Verantwortung und mit Befehlsverweigerung in den Jahren 1962 und 1983 den Atomkrieg verhindert haben.

     

    Lassen Sie uns daher an dieser Stellen den beiden Helden gedenken. Denn dann werden unsere Sorgen plötzlich ganz klein.

     

    Und wenn Sie Ihre Quarantänezeit besinnlich nutzen wollen, schauen Sie sich die beiden Filme dazu an:

    https://www.youtube.com/watch?v=mfq-T5KTw-E

    https://www.youtube.com/watch?v=5Uidc27Ff4M

     

     

    berndniquet@t-online.de

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Crashgurus liegen falsch Die Krise ist anders